So haben wir es in den vergangenen Wochen, so werden wir es heute und in den folgenden zwei Tagen wahrscheinlich immer wieder hören. Dabei wünsche ich uns, dass der Schleier der Tradition uns nicht die Sinne vernebelt, sondern wir noch einmal genauer hinsehen können.
Martin Buber, ein 1965 in Jerusalem bereits verstorbener, österreichisch-israelischer, jüdischer Philosoph, spricht, weit weg von irgendwelcher besinnlichen Weihnachtsromantik, in seinen „Reden über Erziehung“ über „Die Entfaltung der schöpferischen Kräfte im Kinde“1. Dabei meint er „nicht etwa bloß das einzelne Kind, die einzelnen Kinder, sondern das Kind“2.
Ehrlich gesagt, ich konnte Bubers tiefen Gedanken noch nicht so recht folgen. Zwei Seiten ins Buch und er spricht vom Staunen über das Kind in der Weltgeschichte hier und der Faszination über das Hereinberechen des Ungewesenen „in die Schichtung des Vorhandenen“ da.3 Es rauscht ein wenig im Kopf und die Begeisterung über die „urgewaltige Potentia“4 des aufgetauchten Neuen ist zwar spürbar, so wie der Wind, lässt sich aber kaum fassen.
Doch plötzlich spricht Buber vom Kind als Wirklichkeit, als Symbol, als das wofür es steht, das was das Kind uns sagen will: „Dieses Erscheinen der Einzigkeit, dieses, das mehr ist als nur Zeugung und Geburt, diese Gnade des Wieder-, des Immer-wieder-, des Noch-immer-anfangen Dürfens.“5
Ich wünsche uns für diese Weihnachten, dass wir den altertümlichen Staub des Wortes ‚Gnade‘ wegwischen und begreifen können, was es heißt: „Ihr werdet ein Kind finden […].“6
Wenn wir das Kind erkennen und es aufnehmen7, dürfen wir wieder-, immer-wieder-, noch-immer-(neu)-anfangen.
“…zur Krippe her kommet…“
Frohe Weihnachten.
Quellen und Bildnachweise
1 Martin Buber, Reden über Erziehung, 11. Auflage, 2005, Gütersloher Verlagshaus, S. 11.
2 ebd., Hervorheb. d. Autors.
3 Ebd., S. 12.
4 Siehe ebd.
5 Ebd.
6 Die Bibel, Lukasevangelium, Kapitel 2 Verse 11-12, Übersetzung nach Schlachter 2000, Hervorheb. d. Autors.
7 Siehe Die Bibel Johannes Evangelium, Kapitel 1 Vers 12: „Allen aber, die ihn aufnahmen, denen gab er [gem. ist. Jesus Christus] das Anrecht Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen [d.h. daran, dass er der Retter bzw. die Rettung ist] glauben“.
Ela
Ganz schön philosophisch … aber gut 👍🏻
Danke!
Und ein gesegnetes Weihnachtsfest 🙋🏻♀️