„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“
(Aristoteles)
Sehr philosophisch dieses Statement
vom griechischer Universalgelehrten.
Trotzdem ist es wahr und heute wollen
wir es etwas genauer unter die Lupe nehmen.
Das wohl berühmteste Bild aller Zeiten. Die Mona Lisa.
Niemand käme auf die Idee, dass Leonardo da Vincis Kunstwerk,
im Louvre/Paris hinter Panzerglas zu bestaunen, nichts anderes sei
als eine Ansammlung von Farbpigmenten unterschiedlicher Wellenlänge,
die sich auf einen 76,8 x 53 cm großem Stück Pappelholz zusammengefunden haben.
Aber was wenn es ein Wissenschaftler täte und Mona näher unter die Lupe nehmen wöllte?
Dann würde er mehr und mehr zu genau diesem „Farbpigmenten-Ansammlungs“ Gedanken kommen.
Warum? Das liegt daran, dass jede Naturwissenschaft ihren Gegenstand erst durch Abstraktion
gewinnt. Nur wer vom Ganzen absieht und sich seinen Teilen zuwendet, kann überhaupt auf die
Idee kommen, diese näher bestimmen zu wollen. #MüssenTieferGraben
Dagegen ist eigentlich nichts einzuwenden.
Eigentlich ist es sogar ziemlich interressant.
Man könnte z.B. eine Analyse der Farbpigmente machen.
Woraus hat da Vinci die Farben gewonnen?
Haben damals mehrere diese Farben verwendet?
War er vielleicht ein besonders talentierter Farbenhersteller
und allein deswegen sieht die Mona Lisa so wunderschön aus?
Wie dem auch sei.
So neu und überwältigend diese ‚wissenschaftlichen‘ Erkenntnise
auch sein mögen, über eines können sie keine Aussagen treffen:
Aber im Falle der Mona Lisa wäre genau dieser Bereich der entscheidende.
Nichts was Wissenschaftler mit ihren Methoden messen können
(selbst wenn sie alle Farbpigmente analysiert hätten), würde uns verraten,
dass es sich bei dem untersuchten Gegenstand um ein Porträt einer schönen Frau handelt,
das von jemand anderem – in diesem Falle sogar von einem Genie – gefertigt wurde.
Soweit kommen die wissenschaftlichen Methoden nicht, die das Ganze in erforschbare
Teile zerlegt haben.
– Das Ganze ist eben mehr als die Summe seiner Teile. –
Bis hierhin alles logisch und nicht der Rede wert.
Na klar wissen wir, dass es sich beim Untersuchungsgegenstand um ein Gemälde handelt.
Und natürlich wissen wir, dass Gemälde nur existieren, weil sie von jemandem gemalt wurden
– zwar sind das manchmal keine großen Leuchten, aber das sei dahingestellt… –
Aber: das alles wissen wir aus Erfahrung und nicht weil
wir es mit naturwissenschaftlichen Methoden gemessen hätten.
Wir haben den Ausgangspunkt, das Ganze, nicht vergessen.
Nehmen wir doch mal an, wir hätten noch nie Bilder gesehen
und wüssten nicht, dass diese von Künstlern hergestellt werden.
Nehmen wir an wir hätten keinen solchen Ausgangspunkt.
Fertig?
Im Fall der Mona Lisa würden wir natürlich immer noch die Frau erkennen. #Schön
Aber wie wäre es mit einem abstrakten Gemälde z.B. aus der Hand von Wassily Kandinsky?
Habt ihr die Bilder gesehen?
Hier sieht es schon anders aus, oder?
Alles, was uns die Naturwissenschaften in diesem Fall sagen könnten,
würde unserem aus Erfahrung gewonnen Wissen nun nicht mehr wertvolle Details
hinzufügen, wie es bei der Mona Lisa der Fall gewesen wäre. Die erkannten wir ja als Gemälde.
Aber nun, angesichts des plötzlichen Mangels an Erfahrung(swissen) wären die naturwissenschaftlichen
Methoden nun die einzigen, mit denen wir etwas über den Gegenstand in Erfahrung bringen könnten.
Goodbye Ausgangspunkt.
Würden wir mit wissenschaftlicher Hilfe darauf kommen, dass es sich bei dem „bunten Etwas“ um
ein Kunstwerk handelt und dass die Farbpigmente, die sich auf seiner Oberfläche feststellen lassen,
keinesfalls einer zufälligen Anordnung unterliegen, sondern von jemandem – in diesem Falle Kandinsky –
absichtlich dort aufgebracht wurden? Ähm Warte Kurz…
Wohl eher nicht. „Das kann weg!“
Nie und nimmer kämen wir auf einen solchen Gedanken. (Leider viele Kunstlehrer/innen auch nicht.)
Was ein Bild wäre, und welche Bedeutung die Farbpigmente besäßen, bliebe uns schleierhaft.
Das wäre aber keine Katastrophe. Es gibt viele ungelöste Rätsel. Eins mehr oder weniger ist da
auch nicht so wild.
Problematisch wird es aber erst, wenn ein Naturwissenschaftler behauptete, das Gemälde von
Kandinsky, das er als Kunstwerk ja nicht erkennen kann, sei „nichts anderes als“ ein Gegenstand,
der eine von ihm nun näher bestimmte Ansammlung von Farbpigmenten aufweisen.
25.000 rote Pigmente, 32.000 blaue, 13.000 gelbe „and a little yellow ochre“. Fertig.
An die Stelle eines ungelösten Rätsels: „Ist das Kunst oder kann das weg?“
Tritt nun ein falsch gelöstes Rätsel: „Keine Kunst. Kann weg!“
Seine ganze Dramatik entfaltet dieses Beispiel jedoch erst,
wenn sich weitere Naturwissenschaftler, die sich um die
Verwertbarkeit des neu gewonnen „Wissens“ sorgen, Gedanken machen,
wie sich die Farbpigmente von dem vorgefundenen Gegenstand ablösen und zu etwas
anderem verwerten lassen, das ihnen nützlicher, gewinnbringender
vielleicht sogar umweltschonender zu sein scheint.
Mal wieder ein ellenlanger Beitrag mit einem vielleicht etwas konstruierten Beispiel.
Und doch lässt sich mit ihm – wenn auch nur in einem übertragenen Sinn – ziemlich
genau zeigen, wie in den Naturwissenschaften, der Politik und Sozial Arbeit derzeit
überwiegend mit Embryonen verfahren wird. Denn hier treten
Wissenschaftler, Ärzte und Berater auf und behaupten, der Embryo sei „nichts
anderes als“ eine bestimmte Ansammlung von ‚Farbpigmenten‘
bzw. in dem Fall „Zellen“, sprich ein „Zellhaufen„.
Sie haben nicht mehr das Ganze im Blick.
Das Ganze ist aber mehr als die Summe seiner Teile.
„Ist Kunst. Kann nicht weg!“
Quellen:
Photo by Eric TERRADE on Unsplash
Photo by Mika Baumeister on Unsplash
Photo by ThisisEngineering RAEng on Unsplash
Photo by Gary Chan on Unsplash
Photo by russn_fckr on Unsplash
Photo by Steve Johnson on Unsplash
Das Beispiel stammt von Stefan Rehder:
Gott spielen, im Supermarkt der Gentechnik; 2007, Pattloch Verlag
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