Masturbieren ist wieder hoch im Kurs.
Der Sextoy Markt boomt. Es ist scheinbar salonfähig geworden
Blogs und Videos zu verfassen wie man den 523. Höhepunkt hintereinander erreicht,
denn die Wissenschaft hat endlich herausgefunden,
dass Onanieren weder blind noch dumm macht.
So gesehen ist doch eigentlich alles Fit im Schritt, oder?
Denkt man zumindest, wenn man so durch’s Netz scrollt.
Masturbieren hat so viele Benefits: Stressreduzierung, Einschlafhilfe, Trost,
Aggressionsabbau, erleben und erkunden der eigenen Sexualität.
Schnelle und tolle Orgasmen.
Kurzum Selbstbefriedigung soll sehr gesund sein.
Aber irgendwie fühlt es sich trotzdem nicht so befreiend an?
Masturbation ist Normalität?
Selbstbefriedigung stellt in der Pubertät eine scheinbar ’normale‘ Erscheinung dar.
Die innere Unsicherheit in dieser Phase, der Protest gegen die bisherigen Identifikationen und Autoritäten,
das damit verbundene Unabhängigkeitsstreben von den Eltern, äußert sich hier alles in einer starken Introvertiert-
und Selbstbezogenheit. Dabei ist die Selbstbefriedigung eine diesem inneren Zustand entsprechende Ausdrucksweise,
denn sie tritt in der sog. autoerotischen Phase, d.h. Sexualität ohne Partner/in, auf.
Oft wird dann davon gesprochen, dass 90% der Jungen und 1/3 der Mädchen masturbieren würden.
„Chill mal. Heute holt sich fast jeder einen runter.“
„Es ist jedoch ein Kunstfehler, von statistischer Normaliät auf moralische Norm zu schließen,
sonst könnte man aus der Tatsache, daß die Menschen in der Mehrheit zeitweise
und oft lügen, schließen, daß das Lügen normal sei“. (Bernt, S.186f.)
Masturbation aus psychologischer Sicht
Aber wir wollen heute mal die moralische Keule im Schrank lassen
und Selbstbefriedigung aus einer medizinisch, psychologischen Sicht betrachten.
Die Pubertät ist ein biologischer und psychischer Entwicklungsabschnitt.
Und wie wir bereits gesehen haben, gehört auch die autoerotische Phase,
geprägt von Protest und Selbstbezogenheit, ausgedrückt durch Masturbation, dazu.
Aber dieser Phase muss man bei einer gesunden Entwicklung entwachsen,
sollte sich weiterentwickeln und reifen. Die Entwicklungsaufgabe der Sexualität
in der Pubertät ist weg vom „Ich“ hin zum „Du“.
Aus der Verschlossenheit in die Offenheit, aus der Einsamkeit,
hervorgerufen durch die Lösung von den Eltern, in eigene Beziehungen.
(vgl. Affemann, S. 149ff.)
So funktioniert unsere Sexualität…
Unsere Sexualität ist von Natur aus so angelegt, dass sie zwischen zwei Personen
verschiedenen Geschlechts stattfindet. Unsere Sexualität zielt immer darauf ab „sich zu ergänzen“.
Da das andere Geschlecht eben nicht nur ein anderes Geschlechtsteil besitzt, sondern auch völlig anders tickt,
und eine andere seelische Struktur hat, bereitet sexuelle Erregung die ganze Person – Leib, Psyche und Geist -vor,
um auf die/den andere/n zuzugehen, sich ihr/ihm zu öffnen, um mit ihr/ihm zu verschmelzen
und dabei die gemeinsame Lust zu genießen.
(vgl. Galli, S.59)
…im eigentlichen Sinne nicht
Oft wird Selbstbefriedigung zur Hand genommen um Versagenserlebnisse und Einsamkeiten
(gerade in der Sturm und Drang Zeit) zu verarbeiten. Somit wird Masturbation zu einer
sexuellen Ersatzhandlung, wobei sie dann nur das Symptom eines nichtsexuellen Problems ist.
Dieser Gebrauch der Selbstbefriedigung…
+ zum Abbau nichtsexueller Spannungen +
+ zur Vertreibung von Unlustzuständen („das is alles voll öde“) +
+ zum ausschließlichen Lustgewinn („weil’s geil is“) +
+ zur Erfüllung (aktueller) innerer Leere +
+ zum Selbsterweis („ich halt voll lange durch“) +
…hat mit Wesen und Absicht der Sexualität nichts zu tun.
(vgl. Affemann, S. 155)
Das macht Selbstbefriedigung mit dir
Selbstbefriedigung erreicht niemals, was der Paarsex kann.
Zwar meinen manche, der Orgasmus sei anders, hundertmal besser, wenn man
selbst Hand anlege, aber beim Sex im eigentlichen Sinne geht es um das
Ausschöpfen tiefster sexueller Erfahrungen als ganze Person, mit allen Sinnen.
Es geht um wirkliche ’sich ergänzende‘, ’sich hingebende‘ Sexualität.
Masturbation kann zwar dabei helfen Misserfolge, Frustrationen,
Ängste und Hemmungen vorerst zu befriedigen, uns davon abzulenken,
aber durch diese ‚Befriedigung‘ berauben wir uns des Antriebs
die Situationen, die solche negativen Gefühle ausgelöst haben, zu verändern.
Ähnlich funktionieren Alkohol und Drogen auch. #Betäubtstattbestäubt
Selbstbefriedigung kann zwar eine Bewältigungsstrategie sein,
aber damit geht man Entscheidungen, die die Probleme angehen und lösen würden,
aus dem Weg, sucht den geringsten Widerstand, und somit schrumpft
die innere Freiheit und Stärke weiter und weiter in sich zusammen.
#Sucht?
Bereits Sigmund Freud hatte die Onanie als Urform der Sucht bezeichnet und merkt an:
„Sie verdirbt ferner den Charakter durch Verwöhnung auf mehr als eine Weise, erstens,
indem sie bedeutsame Ziele mühelos, auf bequemen Wegen, anstatt durch energische Kraftanspannungen
erreichen lehrt, […] und zweitens, indem sie in den die Befriedigung begleitenden
Phantasien das Sexualobjekt zu einer Vorzüglichkeit erhebt, die in der Realität nicht leicht wiedergefunden wird.“
(Freud zitiert nach Bernt, S. 189)
Masturbation kann einen sehr täuschen:
Wir sind der Meinung unsere sexuelle Lerngeschichte weiterzuschreiben.
Machen tolle Erfahrungen wann immer wir wollen, haben (scheinbar) alles im Griff.
Aber nur durchgehaltene Bedürfnisspannung bringt die persönliche Entwicklung vorwärts.
–> 20 min. wixxen hat nichts mit durchalten zu tun. <–
Masturbieren wir jetzt weiter? – Zusammenfassung
„Man spricht nicht zufällig von ‚Selbstbefriedigung‘: denn sie will ausschließlich
die eigene sexuelle Lust hervorrufen, und zwar alleine […]. Hier ist nicht nur die Lust
allein das Ziel der Handlung, sondern es verschwindet auch die andere Person,
auf die sie [die Sexualität] gerichtet sein sollte, aus dem Blickfeld -zumindest in diesem Moment.
In diesem Sinn bedeutet die Masturbation eine wirkliche Verschließung in sich selbst,
die die Fähigkeit zu lieben beeinträchtigen und daher den Prozess der persönlichen Entfaltung
behindern kann. […] Von der durch die Masturbation bewirkten Selbstbezogenheit zeugt das
Empfinden eines tiefen, inneren Unbehagens, das sie trotz der ausgelösten Lust zurücklässt,“ (Galli, S. 59f.)
eine Leere, und ein „nochmal?“ an Stelle der erwünschten Erfüllung und Befriedigung.
Fragen für dich.
Wann legst du selber Hand an? Warum?
Willst du bestimmen wann und wie du kommst?
Worüber bist du gerade unzufrieden?
Hat das überhaupt was mit deiner Sexualität zu tun?
Kannst du dich anderen Personen öffnen?
Wir hoffen ihr könnt euch mit diesen Informationen
und den Literaturhinweisen selber ein Bild machen.
Wie gesagt, uns ist alles erlaubt, aber nicht alles nützt uns auch was.
+ Sexualität im Leben junger Menschen; Dr. med. Rudolf Affemann; Herderbücherei; 1978
+ Vom Leib zur Person, Sex, Sexualität und Liebe; Leda Galli; 2013; Verlag Fassbender
+ God, Sex & Soul; George Elsbett; Cathlic Media, 2014
+ Erziehung zur Liebe; Christa Meves; 3. Auflage; 2008; Christiana Verlag
+ die 5 Sprachen der Liebe; Gary Chapman; 38. Auflage; 2009; francke-Buchhandlung GmbH
Photo by Oziel Gómez on Unsplash
Photo by Adrien Olichon on Unsplash
Photo by Anthony Tran on Unsplash
Photo by freestocks on Unsplash
Photo by Marten Newhall on Unsplash
Schreibe einen Kommentar