Forscher von der Durham University (Department of Psychology) in England haben am 21. September 2022 eine Studie unter dem Titel „Flavor Sensing in Utero and Emerging Discriminative Behaviors in the Human Fetus“ (zu deutsch „Geschmackssinn in der Gebärmutter und entstehendes Unterscheidungsvermögen beim menschlichen Fötus“), im Psychological Science veröffentlicht.
Noch bevor ein Baby hören und sehen kann, beginnen sich beim acht Wochen alten Embryo die Geschmacksknospen zu entwickeln. In der 14. Woche nach der Befruchtung funktionieren die dann schon wie bei einem Erwachsenen. „Dadurch bekommt das Kind bereits ab diesem Stadium mit, was die Mutter isst. Zahlreiche Studien mit Neugeborenen legen nahe, dass diese frühen Geschmackserfahrungen entscheidend zu den späteren Essensvorlieben der Kinder beitragen.“1
Die Forscher aus Durham verabreichten 100 Schwangeren zwischen der 32. und 36. Schwangerschaftswoche eine Kapsel mit jeweils einem Test-Aroma.
„Das schmeckt mir – nicht!“
Wie ein Kind im Mutterleib auf die verschiedenen Aromen im Fruchtwasser reagiert, enthüllten Beyza Ustun und ihre Kollegen mithilfe hochauflösender 4D-Ultraschallaufnahmen. Erstmals ist in diesen Aufnahmen klar zu erkennen, wie das ungeborene Kind seinen Gesichtsausdruck verändert, wenn es verschiedene Geschmäcker „vorgesetzt“ bekommt. Die Studie ist die erste, die solche vorgeburtlichen Reaktionen überhaupt sichtbar macht, sagte Ustun.2
Die Forscher gaben den Müttern also die Aromakapseln zu schlucken. Grünkohl (bitter) und Karotte (süßlich) gab es im Angebot. Die Mütter selbst konnten nicht schmecken was sie in sich aufnahm. Aber schon nach ca. 30 Minuten, als der mütterliche Dünndarm die Stoffe in die Blutbahn schickte und sie somit zum Baby gelangen konnten, zeigte der Nachwuchs eine eindeutige Reaktion.
Gab es die süßliche Karotte, zogen die Babys die Mundwinkel breit, zeigten ein Lächeln und spitzten die Lippen wie beim saugen: „Mehr davon bitte!“. War aber in der Aromakapsel Grünkohl, konnten die Forscher beobachten, wie das Baby die Lippen zusammenpresste und eher eine Abwerkhaltung zeigte. „Was soll das denn sein?“
Die Studie und die herrlichen Bilder sind hier veröffentlicht.
„Es war wirklich unglaublich, diese Reaktionen der Kinder auf das Karotten- oder Grünkohlaroma zu sehen und diesen Moment mit ihren Müttern zu teilen“, sagte Beyza Ustun von der Durham University. Sie und ihr Forscherteam präsentierten durch die Analyse der vorgeburtlichen Gesichtsreaktionen direkte, neue Beweise dafür, dass Föten verschiedene Geschmacksrichtungen im Fruchtwasser unterscheiden können. Diese Studie, ist sich das Team um Ustun einig, wirft nicht nur ein neues Licht auf die sensorischen Fähigkeiten von Föten, sondern auch auf die Besonderheit der Gesichtsreaktionen auf verschiedene Geschmacksrichtungen in Bezug auf ihre Unterscheidungsfähigkeit.2
Quellen aufgerufen am 07.11.2022:
1: https://www.scinexx.de/news/medizin/geschmackstest-fuer-ungeborene-babys/
2: https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/09567976221105460
Bilder: Titelbild; Baby_schoko_Mund
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