Die WHO hat am 4. April 2023 eine Studie mit „Schätzungen der Unfruchtbarkeitsrate“ veröffentlicht. Nach diesen Schätzung ist weltweit jeder sechste Mensch von Unfruchtbarkeit betroffen. Der Ansatz der WHO dieser Situation zu begegnen scheint aber ein bisschen verfehlt. Zumindest kann er stutzig machen. Warum und Wieso, das lest ihr hier.
Was ist Unfruchtbarkeit? Und was sagt die Studie?
Die WHO schreibt, dass „Unfruchtbarkeit […] eine Erkrankung des männlichen oder weiblichen Fortpflanzungssystems [ist], die dadurch definiert ist, dass nach 12 Monaten oder mehr regelmäßigen ungeschützten Geschlechtsverkehrs keine Schwangerschaft eintritt.“1
In der Studie, die auf deutsch den Titel „Schätzungen der Unfruchtbarkeitsrate 1990–2021“ trägt, wurden Veröffentlichungen in bekannten elektronischen Datenbanken, wie bspw. PubMed (US National Library of Medicine), Web of Science (Clarivate Analytics), CINAHL (EBSCO), Family & Society Studies Worldwide (EBSCO), Public Health (ProQuest) und Google Scholar, durchsucht.2 „Relevante Artikel und Übersichten
wurden von Hand durchsucht. Um graue Literatur zu ermitteln, wurde eine Suche in elektronischen Datenbanken (Public Health [ProQuest]
und ProceedingsFirst [OCLC]), einschlägigen Websites und Konferenz Konferenzberichte durchgeführt. Außerdem wurden Experten auf diesem Gebiet befragt. Die Suchstrategie umfasste Begriffe im Zusammenhang mit Unfruchtbarkeit (z. B. Unfruchtbarkeit, Subfertilität, Unfruchtbarkeit, Kinderlosigkeit) und Schätzung (z. B. Schätzung, Prävalenz).“3
Warum untersucht die WHO das?
„Das Verständnis des Ausmaßes der Unfruchtbarkeit ist ist entscheidend für die Überwachung, Bewertung und Verbesserung gleichberechtigten Zugang zu hochwertigen Fruchtbarkeitsbehandlungsdiensten, Risikofaktoren für Unfruchtbarkeit und deren Folgen von Unfruchtbarkeit.“4 So fasst es die WHO zusammen. Das ist definitiv richtig. Bis hierhin zumindest.
Außerdem heißt es in der Studie, dass „[d]ie Behandlung von Unfruchtbarkeit […] ein wichtiger Bestandteil der sexuellen und
und reproduktiven Gesundheit und Rechte (SRGR) [ist], wurde aber in der in der globalen SRGR-Agenda vernachlässigt [Anm. d. A.: Es gibt keine global anerkannte SRGR-Agenda, siehe Fussnote 5] Unfruchtbarkeit hat verheerende gesellschaftliche und gesundheitliche Folgen, darunter soziale Stigmatisierung, wirtschaftliche und geschlechtsspezifische Gewalt sowie eine schlechte psychische Gesundheit. Die Bekämpfung von Unfruchtbarkeit ist ein zentrales Element zur Erreichung des Nachhaltigen Entwicklungsziels (SDG) 3 – ‚Sicherstellung eines gesunden Lebens und Förderung des Wohlergehens aller Menschen in jedem Alter‘ – und des SDG 5 – ‚Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter und Stärkung der Rolle aller Frauen und Mädchen‘.“6
Die Schlussfolgerung
Nachdem die WHO festgestellt hat, dass jeder sechste Mensch weltweit von Unfruchtbarkeit betroffen ist, fordert sie am Ende ihrer Studie die Schätzung der Unfruchtbarkeitsprävalenz pro Land, die Aufschlüsselung der Unfruchtbarkeitsschätzungen nach Alter und in ihrer Ursache (männlicher Faktor, weiblicher Faktor, männliche und weibliche Faktoren zusammen, sowie ungeklärte Faktoren). Außerdem soll eine Reihe von Fragen entwickelt werden, die in national repräsentativen demografischen Gesundheits- und Bevölkerungserhebungen verwendet werden können, um die Prävalenz von Unfruchtbarkeit zu ermitteln. Des Weiteren fordert die WHO eine Förderung und Sicherstellung der Konsistenz von Definitionen und Maßnahmen, die auf eine verbesserte Einbeziehung der Unfruchtbarkeit in die Gesundheitspolitik, -dienste und -finanzierung zielt. Und es soll ein allgemeiner Zugang zur Fertilitätsbehandlung für alle erreicht werden.7 (Sorry, aber es gibt so Schlagworte, wenn die genannt werden da leuchten bei uns noch so viele andere Dinge gleichzeitig mit auf.)
Bis hierhin war ja größtenteils alles schick und die Bemühungen der WHO sehr nobel. Aber jetzt wirds im Zusammenhang mit anderen Bestrebungen sehr abstrus: In der Schlussfolgerung heißt es nämlich weiter: „Die menschliche Gesundheit und die Gleichstellung der Geschlechter sind zentrale Elemente der Nachhaltigen Entwicklungsziele, die die Regierungen dazu auffordern den allgemeinen Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechten [SRGR] zu gewährleisten. Die Behandlung von Unfruchtbarkeit ist ein zentraler Bestandteil der sexuellen und reproduktiven Gesundheit [SRGR], und die Behandlung von Unfruchtbarkeit kann die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern verringern.“8
Ab jetzt verstehen wir die Welt(gesundheitsorganisation) nicht mehr. Warum? Seit Jahren wird unter dem Begriff „sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechten [SRGR]“ mit den unterschiedlichsten Mitteln darum gekämpft, dass Frauen einen freien und legalen Zugang zu Abtreibung haben. Das alles u.a. mit dem Argument untermauert, dass Frauen Abtreibung bräuchten, um endlich die Gleichstellung gegenüber dem Mann zu erreichen. So hieß es z.B. in der Abschlusserklärung der Weltbevölkerungskonferenz (1974, Bukarest/Rumänien): „Die Verbesserung der Stellung der Frau in der Familie und in der Gesellschaft kann, sofern dies gewünscht wird, zu einer Verkleinerung der Familien beitragen, und die Möglichkeit für Frauen, Geburten zu planen, verbessert auch ihren individuellen Status.“9 Und 1962 war man sich auf dem Ciba Ciba-Symposium: „Man and his Future“ (London) noch einig, dass „es […] die Frauen [sind], die die schwere Last der Fortpflanzung zu tragen haben und daher ein größeres Interesse an der Befreiung von dieser Last haben.“10 Und Dr. Gregory Pincus, einer der Erfinder der sog. Anti-Baby-Pille, fügte an: „Der Mensch ist unausweichlich gezwungen, seine eigene Fortpflanzung zu begrenzen.“11
Was ist seitdem passiert? Die Argumente für Abtreibung haben sich, soweit wir das beurteilen können, jedenfalls nicht geändert. Wie soll jetzt plötzlich eine Schwangerschaft die Frau dem Mann gleichstellen und die Ungleicheit zwischen diesen beiden Geschlechtern verringern?!? Oder verfolgt die WHO hier eine andere Gleichstellungspolitik? Moment mal! Welche Geschlechter sollen hier denn eigentlich gleichgestellt werden? Welche Definition hat die WHO vom „Geschlecht“?
Okay, Okay, die Studie spricht zwar vom „männlichen oder weiblichen Fortpflanzungssystem“ aber auch von „Gender-Equality“12. Hat die WHO wohl die Definition von Judith Butler? Nur so ne Frage. Dann würde das nämlich sehr interessant werden: Nur gemeinsam können die zwei biologischen Geschlechter (Sex) ein Kind zeugen. Denn, so die Embryologie, „[a]us einem weiblichen Gameten [Eizelle] kann kein Embryo entstehen ohne die Mitwirkung eines männlichen Gameten [Samenzelle].“13 Aber scheinbar will die WHO mit der Aktion die zig anderen Geschlechter (gender) in ihren jeweiligen Lebensumständen gleichgestellt (equality) wissen? Hmm, wenn man’s also durch die Gendertheorie betrachtet, dann macht das, was die WHO fordert schon Sinn. Aber nur dann…
Bitte versteht uns nicht falsch: Ungewollte Kinderlosigkeit ist eine sehr schwere Last. Wir wissen und verstehen, dass viele Paare, denen es biologisch möglich wäre ein Kind zu bekommen, darunter leiden. Wir möchten an dieser Stelle lediglich die Argumentationen hinterfragen, die derzeit um die menschliche Fruchtbarkeit (vor dem Hintergund von Abtreibung UND Unfruchbarkeit) kursieren. Diese Vorgehensweise macht uns doch etwas stutzig. Und wenn die WHO schreibt, dass ihre Schätzungsstudie neben Paaren auch bei der Unterstützung von Einzelpersonen helfen kann ihre gewünschte Familiengröße, dann ist irgendwas nicht ganz im Sinne des Erfinders.14
Quellen und Anmerkungen: (Zuletzt aufgerufen am 14.04.2023).
1: Infertility Prevalence Estimates, 1990–2021, https://www.who.int/publications/i/item/978920068315; übersetzt mit https://www.deepl.com/translator.
2: siehe ebd., Studie S. 3, Methods.
3: ebd., übersetzt mit https://www.deepl.com/translator, Link von uns eingefügt.
4: ebd., S. 2, übersetzt mit https://www.deepl.com/translator.
5: Anmerkung zur „globalen SRGR-Agenda“: Natürlich gibt es eine globale SRGR-Agenda. Aber diese ist nicht von allen UN-Mitgliedsstaaten anerkannt. Kein offizielles Dokument unterstützt, befürwortet oder treibt diese SRGR-Agenda voran. Dokumente der International Planned Parenthood Federation (IPPF) jonglieren sehr wohl mit diesem Begriff, fördern und fordern ihn auch vehement. Diese Organisationen haben definitv ein Interesse an einer globalen SRGR-Agenda. Die Guttmacher-Lancet-Kommission schrieb, dass die Definition von SRGR keine internationale, keine rechtlich, anerkannte Gültigkeit besitzt! Guttmacher spricht von der „SRGR-Gemeinschaft“, die erkennt, dass „die Komponenten von SRGR miteinander verknüpft sind und dass die Verwirklichung der sexuellen und reproduktiven Rechte für die Erreichung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit unerlässlich“ ist. Guttmacher fordert deswegen „Regierungen, UN-Organisationen, die Zivilgesellschaft und andere wichtige Akteure dazu auf, eine neue, umfassende Definition von SRGR zu erarbeiten, die das gesamte Spektrum der Bedürfnisse der Menschen einbezieht, die in globalen Diskussionen selten anerkannt oder angesprochen werden, einschließlich des sexuellen Wohlergehens und der persönlichen Autonomie.“ Siehe dazu: https://youngandfree-kaleb.de/sexuelle-und-reproduktive-gesundheit-und-rechte-ii/ u.a. die Fussnoten 13 und 14; sowie https://www.guttmacher.org/sites/default/files/page_files/fortschritt-beschleunigen-kurzfassung.pdf, S. 4 von 8 – Kurz gesagt: Es gibt bis Dato keine global anerkannte SRGR Agenda!
6: ebd., S. 1, Introduction, übersetzt mit https://www.deepl.com/translator, Wir haben die Fußnoten der WHO entfernt und die Links eingefügt.
7: Siehe ebd., S. 29, übersetzt mit https://www.deepl.com/translator.
8: ebd., übersetzt mit https://www.deepl.com/translator, Anmerk. und Hervorheb. d. Autors.
9: World Population Plan of Action; S. 27 von 52; Punkt 43 (https://www.unfpa.org/sites/default/files/event-pdf/World%20Population%20Plan%20of%20Action_1.pdf)
10: Robert Jungk und Hans Josef Mundt (Hrsg.); Das umstrittne Experiment: der Mensch – Siebenundzwanzig Wissenschaftler diskutieren die Elemente einer biologischen Revolution; 1966; Verlag Kurt Desch GmbH München (deutsche Ausgabe); S. 119
11: ebd.
12: Infertility Prevalence Estimates, 1990–2021, https://www.who.int/publications/i/item/978920068315, S. V, IX, XIV, 1, 29.
13: Jan Langmann, Medizinische Embryologie, 1985, 7. Auflage, Thieme, S. 29, Anmerk. d. Autors.
14: ebd., S. 29, https://www.who.int/publications/i/item/978920068315; übersetzt mit https://www.deepl.com/translator.
Bildernachweis: WHO-APP Handy: https://unsplash.com/photos/bOhKb8e0Iks?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditShareLink; Pfeile: https://unsplash.com/photos/BiWM-utpVVc?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditShareLink; Bücher Stapel: https://unsplash.com/photos/_M-DrbiNFa4?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditShareLink; Schreibmaschine: https://unsplash.com/photos/97Ncs6x3NTg?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditShareLink
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