In manchen Ländern geht eine schwangere Frau zur Untersuchung,
um das Geschlechts ihres Kindes zu erfahren. Steht die Diagnose „Mädchen“
einmal, steht auch der „Therapieverlauf“: Abtreibung.
Was ist Genderzid?
In oben genannten Fällen spricht man von „Geschlechtsselektiver Abtreibung“.
Sie „ist die Praxis des Schwangerschaftsabbruchs basierend auf dem vorhergesagten
Geschlecht des Säuglings. Die selektive Abtreibung von weiblichen Föten ist am häufigsten,
wenn männliche Kinder über weibliche Kinder gestellt werden.“1
„Genderzid“ ist das geschlechtsneutrale Pendant und meint „die vorsätzliche
Tötung von Menschen eines Geschlechts aufgrund ihres Geschlechts.“2
„Bei Genderzid handelt es sich um ein globales Problem, da es sich nicht nur auf Asien und
Europa beschränkt, sondern auch in Nordamerika, Afrika und Lateinamerika zu verzeichnen
ist. Im Vergleich zum normalen biologischen Verhältnis von 106 Jungen zu 102 Mädchen,
liegen die Geburtenraten von Jungen in Ländern, in denen diese Methoden zur Anwendung
kommen, oftmals höher als die von Mädchen. So wurden im Jahr 2011 beispielsweise in
China pro 100 Mädchen 113 Jungen und in Indien pro 100 Mädchen 112 Jungen geboren.“3
So sind die Definitionen aus dem
„EU-Bericht über Genderzid: die fehlenden Frauen? (2012/2273(INI))“
Wo kommt Genderzid vor?
Indien und China gehören zu den am Anfang erwähnten „manchen Ländern“,
in denen auf „Diagnose: Mädchen“ die „Therapie: Abtreibung“ folgt.
Aber mehrere Quellen bestätigen, dass sich der Genderzid nicht nur auf diese asiatischen Länder beschränkt.
„In Norwegen, Schweden und Großbritannien gibt es bei Einwanderern aus asiatischen Kulturkreisen
vor allem beim zweiten oder dritten Kind eine erkennbar bubenlastige Geburtenquote, was als
typisches Indiz für eine vorgeburtliche Geschlechtsauswahl gilt.“4
Fiona Bruce (Mitglied des Parlaments des Vereinigten Königreichs) sagte z.B.
„Wir wissen, dass es im Vereinigten Königreich geschlechtsselektive Abtreibungen gibt,
und es wird wenig getan, um dies zu verhindern“.5
James Mildred, Chief Communications Officer bei CARE, sagte zu dem Thema:
„Eine Untersuchung aus dem Jahr 2018 ergab, dass nicht-invasive pränatale Tests
verwendet werden, um das Geschlecht eines Babys zu bestimmen, und dass Frauen
sich melden, um zu berichten, dass sie von Mitgliedern ihrer eigenen Familie unter Druck
gesetzt werden, geschlechtsselektive Abtreibungen vorzunehmen. In einer Gesellschaft,
die sich um die Gleichstellung der Geschlechter bemüht, ist dies ein Bereich der Gesetzgebung,
der beklagenswert unzureichend ist.“6
Die US Amerikanerin Anna Higgins vom Charlotte Loizer Institute beobachtet
in den Vereinigten Staaten dasselbe Phänomen7 und gibt zu bedenken,
dass in „Ländern, in denen es mehr Männer als Frauen gibt, […]
die Geschlechtsselektion durch Abtreibung ein offensichtlicher Übeltäter [ist]. In den USA jedoch,
wo das Geschlechterverhältnis bei der Geburt statistisch gesehen durchschnittlich ist
(etwa 105 Männer auf 100 Frauen), ist es schwieriger, die Zahl der der geschlechtsselektiven
Abtreibungen zu ermitteln, die allein auf der Grundlage der Geburtsdaten durchgeführt werden.“ 8
Genderzid eben nicht nur in Asien
Die Sache mit der Geschlechterselektion ist gar nicht so weit weg.
In der westlichen Welt nennt man dies ganz unverfänglich: Family balancing.9
In den USA gab es eine Studie10, die das Geschlechterverhältnis von Chinesen, Indern
und Koreanern bei der Geburt in den Vereinigten Staaten untersuchte. Dabei
zeigte sich, „die dritte Geburt in Familien mit zwei Töchtern ein Verhältnis
von 151 Jungen zu 100 Mädchen aufwies – ein extrem männerlastiges Verhältnis.“11
Zur Erinnerung: normal wäre 105 Jungen zu 100.
„Family Balancing“ wird garantiert nicht nur von in den
USA lebenden Asiaten in Anspruch genommen!
Genderzid auch in Deutschland?
So reißerisch wie diese Überschrift scheinen mag.
Es ist aber eine erst gemeinte Frage.
Auch in Deutschland gibt es Menschen, die den Wunsch,
und andere, die die Möglichkeit haben,
ein Kind mit dem Wunschgeschlecht auf die Welt
kommen zu lassen. Betonung liegt auf „zu lassen.“
In Deutschland verbietet zwar u.a. der §15 des Gendiagnostikgesetzes12 bewusst
bis zur zwölften Schwangerschaftswoche das Geschlecht des Kindes zu verraten.
Aber wer sagt denn, dass das auch eingehalten wird?
Das vermutete „der Spiegel“ schon 201113.
Deswegen wäre es mal interessant, die Geburtenzahlen und die dazugehörigen
Familienkonstellationen in Deutschland genauer unter die Lupe zu nehmen.
Die Datenlage ist (für uns) etwas undurchsichtig. Auf den ersten Blick
gibt es bei der „Gesundheitsberichterstattung des Bundes„14 ein normales
Geschlechterverhältnis bei der Geburt. Beim zweiten Blick zeigt eine andere Statistik15 auf S. 5
aber ein durschnittliches Geschlechterverhältnis von 107 zu 100 bei den Menschen bis 20 Jahre.
Wie kommt das dann zustande?
Klar, es muss und wird nicht immer Abtreibung sein, die das Geschlechterverhältnis bestimmt.
Eine weitere Studie16 untersuchte z.B. das Geschlechterverhältnis in der Nähe des Atommülllagers Gorleben.
Sie zeigt, dass zwar „mit hoher statistischer Sicherheit ein verändertes“ Geschlechterverhältnis
um das Atommülllager Gorleben vorliegt. Gibt aber zu bedenken, dass „eine Diskussion um mögliche
Ursachen rein spekulativ“17 sei.
Nichts genaues weiß man nicht.
Zusammenfassung
Es gibt Genderzi: Mädchen werden allein aufgrund ihres Geschlechts in den Tod geschickt.
Die politcal Player wissen es und verurteilen es zutiefst18 19 20. Zeitgleich wird aber eine
Regulierung der Abtreibung in Fall der „sex-selective Abortion“ z.B. vom Guttmacher Institut
ebenfalls abgelehnt21.
Bioethikerin Susanne Kummer von IMABE fasst dieses Dilemma so zusammen:
„Einerseits sollten Ärzte bei Tötung eines weiblichen Babys nicht mitmachen,
selbst wenn sich Eltern dadurch kulturell stigmatisiert fühlen, zugleich aber sollen
sie Abtreibung von Kindern mit Down-Syndrom durchführen. Da haben wir ein Problem,
das tiefer liegt: Eine Gesellschaft, die bestimmten Personen Menschenwürde zu- oder
abspricht, begibt sich in eine illegitime Machtposition“22
Und gibt in einem anderen Artikel zu bedenken, dass es schwer vermittelbar sei,
„gegen die Abtreibung von Mädchen […] mit dem Argument [zu argumentieren],
dass dies menschenverachtend und diskriminierend sei, wenn zugleich die
Diskriminierung von Behinderten, Mädchen und Buben, zugelassen ist“23.
Quellen:
(sofern nicht anders angegeben sind alle Links am 01.09.2021 zuletzt aufgerufen worden)
1: https://www.youthreporter.eu/de/beitrag/geschlechtsselektive-abtreibungen-und-wie-sie-die-junge-generation-betreffen.14957/
2: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-7-2013-0245_DE.pdf
3: ebd.; S. 14/23
4: https://www.imabe.org/bioethikaktuell/einzelansicht/genderzid-millionen-maedchen-werden-wegen-falschen-geschlechts-abgetrieben
5: „‚We know that sex selective abortion is happening in the UK, and little is being done to stop this.'“
The Asian community has also warned that Asian women are being pressured to abort female foetuses in certain communities.
https://care.org.uk/news/2021/08/sex-selective-abortion-threatens-global-long-term-stability-study
6: ebd. – Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)
7: https://s27589.pcdn.co/wp-content/uploads/2016/04/Higgins-Sex-Selective-Abortion-paper_April12_FINAL_April122016_-1.pdf
8: ebd., S. 5; Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)
9: https://www.familie.de/schwangerschaft/untersuchung/wunschgeschlecht-durch-praeimplantationsdiagnostik/
10: „We document male-biased sex ratios among U.S.-born children to Chinese, Koreans, and Asian Indians in the U.S. The male bias is particularly evident for higher parities, echoing patterns in the corresponding Asian countries. At third parity, sons outnumbered daughters 1.51:1 if there was no previous son.“ –> https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2311342/
11: vgl. Fn. 7; S. 17
12: http://www.gesetze-im-internet.de/gendg/__15.html
13: https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/abtreibungen-aerzte-sollen-geschlecht-von-foeten-geheim-halten-a-785746.html
14: https://www.gbe-bund.de/gbe/pkg_olap_tables.prc_set_hierlevel?p_uid=gast&p_aid=27782769&p_sprache=D&p_help=2&p_indnr=872&p_ansnr=45109137&p_version=9&p_dim=D.003&p_dw=1000004&p_direction=drill
15: https://www.iwkoeln.de/fileadmin/publikationen/2017/367043/IW-Report_2017_33_Geschlechterverhaeltnisse_und_Geburten_in_den_deutschen_Regionen.pdf
16: https://www.nlga.niedersachsen.de/startseite/umweltmedizin/umweltepidemiologie/sekundares_geschlechterverhaltnis/sekundaeres%20geschlechterverhaeltnis-104838.html
17: ebd.; siehe PDF „Veränderungen beim sekundären Geschlechterverhältnis
in der Umgebung des Transportbehälterlagers Gorleben ab 1995″; S.4
18: ICPD Programm of Action, UN Doc. A/CONF.171/13 1994 Kap. 4.16 LINK https://undocs.org/en/A/CONF.171/13/Rev.1 (S.25)
19: https://www.un.org/womenwatch/daw/beijing/pdf/Beijing%20full%20report%20Epdf, vgl. S. 109ff. aufgerufen am 21.08.2021
20: vgl. https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-7-2013-0245_DE.pdf
21: https://www.guttmacher.org/evidence-you-can-use/banning-abortions-cases-race-or-sex-selection-or-fetal-anomaly#
22: https://www.imabe.org/index.php?id=2436
23: https://www.imabe.org/imagohominis/imago-hominis-1/2013/genderzid-gezielte-abtreibung-von-maedchen-ein-weltweites-problem
Bilderquellen:
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