Was kann es eigentlich schöneres geben als an einem Samstagmorgen mit Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz über die Würde des Leibes nachzudenken? Mit Birgit Kelle den Tag ausklingen zu lassen? Wir werden sehen und versuchen euch einfach mal wieder einen kleinen Einblick in diesen wunderbaren Kongress zu geben: Leben.Würde – here we go!
„Ich habe einen Körper, aber ich bin mein Leib.“
Prof. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz ging in ihrem Vortrag der Frage nach: „Leib – Leben – Liebe: Von welcher Würde spricht der Leib?“ Sie sagte, dass die deutschen Worte „Leib“, „Leben“, „Liebe“ alle zum selben Wortstamm „LB“ gehören und man diesen Dreien eigentlich noch „Lob“ anfügen könnte. Sie zitierte daraufhin Heidegger, der wohl gesagt haben soll „wir leben indem wir leiben“ und sie führte dann weiter aus, dass Lieben ein Ausdruck des Lebens und des Leibes ist.
Vor allem angesichts der Gendertheorie, die selbst in der geschlechtlichen, menschlichen Biologie nur ein soziales Konstrukt sieht, legte Frau Gerl-Falkovitz großen Wert auf die Würde und Wichtigkeit des Leibes. Gerade dessen Zweigeschlechtlichkeit und die damit verbundene gegensätzliche Anziehung bewirke einen Antrieb der Liebe und lässt neues Leben entstehen.
Diese Andersheit, so Gerl-Falkovitz, sei das eigentliche Abenteuer unseres Daseins. Die Liebe sei tollkühn und man könne den Anderen nie ganz einnehmen. Frau ist bleibendes Geheimnis für den Mann und umgekehrt, sagte sie. „Der Mann wird nur an der Frau zum Vater und sie nur am Mann zur Mutter“. Gerade in diesem Gegenpol gestalte sich das Leben. Das Andere macht die Passion des Lebens aus, nicht das Gleiche. Zur Liebe der beiden Geschlechter gehöre Mut. Dort ist Lebendigkeit, so Gerl-Falkovitz und dort entsteht neues Leben und das brauche mehr Mut als dem gleichen Geschlecht zu begegnen. Wer mehr dazu wissen will, wir haben in „Vive la résistance“ schon mal darüber geschrieben.
Unbeeindruckt angesichts des Wunders?
Der Theologe Prof. Christoph Raedel sprach anschließend über „Schöpfung – Evangelium – Verantwortung: Die Gabe des Lebens und die Aufgabe des Lebensschutzes“. Raedel sagte, dass wenn es um Leben und Tod gehe, der Mensch in seiner Autonomie mit einer Entscheidung zwischen eben diesen beiden überfordert sei. Den Menschen in die autonome, selbstbestimmte Entscheidung zu schicken („Das muss jeder für sich entscheiden“), hieße aber gleichzeitig den Menschen an dem entscheidenden Punkt alleine zu lassen. Er zerbreche daran, meinte Raedel, denn der Mensch sei für diese Entscheidung (über Leben und Tod) nicht geschaffen. Wirkliche Freiheit bestehe deswegen darin, der Logik des Machen-könnens zu widerstehen.
Vor dem Hintergrund der ganzen Errungenschaften, wie bspw. der Embryologie, führte Radel aus, dass wir zwar dadurch viel gelernt hätten, aber eines doch weithin verlernt haben, nämlich das Staunen über das Leben. Unser Sachwissen sei zur Verfügbarkeit geworden. Wir Staunen nicht mehr über das Wunder des Lebens. Deswegen schlug er vor der Logik des Machens die Theologik des Geschaffenseins gegenzuüberstellen…
Nach dem Mittagessen und einem kleinen Seminarmarathon ging es am Nachmittag auf der großen Bühne weiter.
Was bleibt von der Menschenwürde?
Prof. Dr. Jörg Benedict referierte am Nachmittag über den Begriff der „Menschenwürde“ und stellte rechtsphilosophische Fragen auf juristische Antworten. Dabei bezog er sich vor allem auf Böckenfördes Artikel in der FAZ zur Neukommentierung des Grundgesetzes. Wir hatten in dem Artikel „Die Würde des Menschen war unantastbar“ bereits darüber berichtet.
In dieser Neukommentierung sah Böckenförde, so interpretierte es Benedict, einen verfassungsrechtlichen Reset. Menschenwürde war mal objektive Norm, jetzt sei sie ein subjektives Detailproblem. Die Menschenwürde erhielt durch die Neukommentierung einen Grundrechtscharakter. Das klingt erstmal gut, so Benedict, aber dadurch wird sie ein Grundrecht unter vielen und ankert nicht mehr im vorpositiven Recht, auf das sich die anderen Grundrechte stützen könnten. Es ist als ob man dem Gebäude das Fundament abträgt, in der Hoffnung, dass das was man bis heute darauf gebaut habe, mittlerweile so stabil sei, dass man das Fundament, das vorpositive Recht, nicht mehr braucht. Durch diese Ausdehnung in die Weite/ Breite, wie Benedict es nannte, gebe es aber einen Verlust in der Tiefe. Aufs unendliche ausgedehnt werde die Menschenwürde nur eine inhaltlich, leere Hülse.
Steht der Wille des Menschen über allen?
Dr. Volker Eissing hielt anschließend ein begeisterndes Plädoyer für einen begleiteten Sterbeprozess. Dieser engagierte Hausarzt gab anhand von zwei tiefgreifenden Geschichten aus seiner Praxis einen Einblick darin, wie eine Sterbehilfe wirklich aussehen sollte. Wir können euch diesen Vortrag, unten eingefügt, sehr empfehlen.
Anschließend sprach Silvia Pantel. Vor dem Hintergrund der letzten Urteile des Bundesverfassungsgerichts, sagte sie einleitend, dass der Wille des Menschen aktuell scheinbar wirklich über allem stehe. Dies führte zu Ernüchterung im Saal. Gleichzeitig schöpfte sie aber Hoffnung daraus, dass aufgrund eines speziellen Bundesverfassungsgerichtsurteils, Niemand zur Beihilfe an einem Suizid verpflichtet werden darf. Dies sei ja wohl auch, so Pantel, zukunftsweisend für die Pläne die Abtreibung in Deutschland zu legalisieren. Dieses Urteils kann, so Silvia Pantel, eine große Hilfe sein bei der Verteidigung des Weigerungsrechts bei der Teilnahme an einem Schwangerschaftsabbruch. Pantel kam im Laufe ihres Vortrages nochmal darauf zurück und betonte, dass das dies die klare Aussage sei (Verbot zur Verfplichtung der Suizidbeihilfe) und gleichzeitig bedeute dass niemand zur Beihilfe am Schwangerschaftsabbruch verpflichtet werden darf.
Das Fest des Lebens
Nach diesem vollgepackten Tag und angefüllt mit Informationen, haben es die Veranstalter etwas entspannter, aber trotzdem genauso hochkarätig angehen lassen. So sprachen u.a. der Politiker Robert Andretter und Julia Maria Kim (Jugend für das Leben) über den „Lebensschutz gestern und heute“. Andretter gab zu bedenken, dass wenn man bei umstrittenen Themen und Debatten „gleich rausgeht oder gar nicht erst reingeht“, vertue man die Chance mitzuwirken und etwas zu verändern. Er forderte die Anwesenden auf ihren Einfluss wahrzunehmen, alle zu respektieren, mitzureden und -zugestalten. Es war ein Aufruf zum tätig werden und er sagte, dass wir machen können was wir wollen, aber wir werden aus der Erde nicht den Himmel machen. Aber wir können vieles dazu beitragen, dass dieser wunderschöne Planet nicht zur Hölle werde, so Andretter abschließend.
Mechthild Löhr und Hartmut Steeb gaben einen Einblick in die vielen spannenden Jahre der Lebensrechtsarbeit und im Speziellen des Bundesverband Lebensrecht. Dabei wurde es etwas emotional als Alexandra Linder ankündigte, dass Herr Steeb demnächst in den Ruhestand gehen werde. Unter großem Beifall wurde ihm von allem im Saal für sein jahrelanges Engagement gedankt.
Dr. Theresia Theuke, interviewt von Cornelia Kaminski, sprach sich anschließend dafür aus, dass man Karriere und Familie nicht immer gegeneinander ausspielen müsse. Dieser Widerspruch, dass beides nicht zusammen gehe, sei störend. Karriere, so meinte sie, gehe auch später. Die erste Hürde für Mütter in diesem Konflikt sei, so Theuke, im Kopf. Wie diese Vereinbarkeit dann im Einzelnen aussehe muss jede Familie für sich sehen, aber Abtreibung sei hier keine Lösung. Denn „das Leben ist schön und das müssen wir feiern!“
Nun betrat die Publizistin Birgit Kelle die Bühne. Sie meinte, dass wir im Aktuell die Fakten gegen die Gefühle ausgetauscht haben. Es zähle nicht mehr was wirklich ist, sondern wie man sich fühle. Sie rief dazu auf, die Dinge, also so wie sie wirklich sind, aber nach wie vor auch so zu benennen wie sie sind. Wir sollten nicht bei den Neu- und Umdefinierungen mitmachen und trotz des Gefühls „das jetzt nicht sagen zu dürfen“, es trotzdem zu tun. Aktuell, so Kelle, würden wir Aktivisten erlauben zu definieren wer wir sein sollen. Da müssten wir aussteigen. Eine Frau ist eine biologische Lebensform aber gerade rauben Männer in unserer Gesellschaft den Frauen die Weiblichkeit. Dies, so wunderte Birgit Kelle, müsste eigentlich alle Feministinnen auf die Barrikaden bringen, sagte Kelle.
Abschließend suchte Cornelia Kaminiski in Person von Alexandra Linder den Prolifär. Diesen gelungenen, humorvollen Abschluss dieses Tages müsst ihr euch aber hier schon selbst anschauen. 😉
Vielen Dank an alle Veranstalter, den Schönblick samt genialem Team und allen Referenten. Leben.Würde ist ein wunderbarer Kongress, bei dem man sehr viele wunderbare Menschen trifft. Wir freuen uns schon auf den morgigen Abschluss-Sonntag.
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