Jetzt soll und muss es schnell gehen. Viel Zeit bleibt nicht, denn noch sind die Parteien, die eine Legalisierung der Abtreibung begrüßen würden, im Bundestag in größerer Abgeordnetenzahl vertreten. Eine parteiübergreifende Gruppe hat heute einen entsprechenden Antrag eingereicht, um die Problematik mit dem §218 noch in dieser Legislatur anzupacken.
Der Entwurf sieht vor, dass eine Abtreibung bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche rechtmäßig sein soll. Der Tagesspiegel berichtet, dass es „Kern des ‚minimalinvasiven Vorschlags‘ sei […], Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetz herauszunehmen. Stattdessen sollen Abbrüche bis zur zwölften Woche nach kriminologischer oder medizinischer Indikation künftig ‚rechtmäßig und straffrei‘ sein und im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt werden.“1 Die aktuelle Regelung sei nämlich, so lässt man sich im Spiegel zitieren, „eine erhebliche Einschränkung der Selbstbestimmung, der persönlichen Integrität und der körperlichen Autonomie Schwangerer dar.“2 Außerdem soll der Schwangerschaftsabbruch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden und will von der dreitägigen Wartefrist zwischen Beratung und Abtreibung nichts mehr wissen. „Wenn eine Abtreibung ohne Beratungsbescheinigung vorgenommen wird, soll sich künftig nur der Arzt oder die Ärztin strafbar machen. Die Frau bliebe straffrei.“3 Carmen Wegge (SPD) sagte dazu: „Wir entkriminalisieren Frauen“.4
Der weitere Fahrplan sieht jetzt vor, dass die Vorlage in der ersten Dezemberwoche debattiert wird. Im Januar könnte dann bereits eine Abstimmung folgen. Die Tagesschau zitierte dazu Ulle Schwaus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) und Carmen Wegge (SPD), die zu Protokoll gaben, dass sie „den Antrag zur Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen [stellen], weil wir davon ausgehen, dass er noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden kann“.5 „Nach Angaben der Initiatorinnen hatten bis Donnerstag [14.11.2024] 236 der aktuell 733 Bundestagsabgeordneten den Antrag unterschrieben“6, so der Spiegel. Auch heißt es in dem Artikel, dass die SPD-Abgeordnete Leni Breymaier von „etlichen“ Abgeordneten wisse, „die heute nicht unterschrieben haben, aber zustimmen werden.“7 Abgeordnete von CDU/CSU und FDP gehörten, laut Breymaier, zu diesem Stand noch nicht dazu. Wir gehen mal auch von der AfD aus.
Die derzeitige, im §218 StGB geregelte Gesetzgebung, verstoße, so schreibt man es in dem Entwurf, gegen die Grundrechte von Schwangeren und stehe im Widerspruch zu internationalen Verpflichtungen Deutschlands. „Deutschland habe internationale Menschenrechtsverträge ratifiziert, die den diskriminierungsfreien Zugang auch zum Schwangerschaftsabbruch fordern.“8
Interessant, dass das an der Stelle wieder kommt. Vielleicht erinnert man sich in dem Zuge auch endlich mal wieder an die Abschlusserklärung der Weltbevölkerungskonferenz 1994 (Kairo), welche von insgesamt 179 Staaten einstimmig angenommen wurde. Diese Abschlusserklärung beinhaltet neben den Definitionen von „sexueller und reproduktiver Gesundheit“ bzw. „reproduktiven Rechten“ auch die folgenden Aufforderungen: „Die Regierungen sollten geeignete Maßnahmen ergreifen, um Frauen zu helfen, Schwangerschaftsabbrüche zu vermeiden, die auf keinen Fall als Methode der Familienplanung gefördert werden sollte, und in allen Fällen für eine humane Behandlung und Beratung von Frauen sorgen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Anspruch genommen haben.“ (7.24) Und „[i]n keinem Fall sollten Schwangerschaftsabbrüche als Methode der Familienplanung gefördert werden […] und die Inanspruchnahme von Schwangerschaftsabbrüche durch erweiterte und verbesserte Dienstleistungen im Bereich der Familienplanung zu verringern.“ (8.25)9
Da wir jetzt schon soviel aus den Tageszeitungen zitiert haben, können wir auch gleich noch auf einen gestrigen Totalausfall der WELT hinweisen, den Christian Rudolf von corrigenda sehr gut analysiert hat: „Die Sprache bringt es an den Tag„.
Wer noch mehr zum internationalen Recht und vor allem über das Thema der sog. „Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte“ lesen möchte, der kann gerne in die verlinkte unsere Research eintauchen. Oder die dazugehörige PDF lesen.
Quellen: Titelbild: https://unsplash.com/photos/white-concrete-building-under-white-sky-during-daytime-FSy_Rycok1A?utm_content=creditShareLink&utm_medium=referral&utm_source=unsplash
- Antrag zur Abschaffung von Paragraf 218: Abgeordnete wagen neuen Vorstoß für Legalisierung von Abtreibungen; https://www.tagesspiegel.de/politik/schwangerschaft-neuer-vorstoss-fur-legalisierung-von-abtreibungen-12703499.html; zuletzt aufgerufen am 14.11.2024. ↩︎
- Bundestag soll noch vor der Wahl über Legalisierung von Abtreibungen abstimmen; https://www.spiegel.de/politik/deutschland/abtreibung-bundestag-soll-noch-vor-der-wahl-ueber-legalisierung-abstimmen-a-e557bb8f-0e15-4fd3-90dd-d5cf9bb4109f; zuletzt aufgerufen am 14.11.2024. ↩︎
- Antrag zur Abschaffung von Paragraf 218: Abgeordnete wagen neuen Vorstoß für Legalisierung von Abtreibungen; https://www.tagesspiegel.de/politik/schwangerschaft-neuer-vorstoss-fur-legalisierung-von-abtreibungen-12703499.html; zuletzt aufgerufen am 14.11.2024. ↩︎
- ebd. ↩︎
- Abgeordnete wollen Abtreibungen legalisieren; https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/abtreibung-legalisierung-100.html; zuletzt aufgerufen am 14.11.2024. ↩︎
- Bundestag soll noch vor der Wahl über Legalisierung von Abtreibungen abstimmen; https://www.spiegel.de/politik/deutschland/abtreibung-bundestag-soll-noch-vor-der-wahl-ueber-legalisierung-abstimmen-a-e557bb8f-0e15-4fd3-90dd-d5cf9bb4109f; zuletzt aufgerufen am 14.11.2024, Anmerk. d. Autors. ↩︎
- ebd. ↩︎
- ebd. ↩︎
- https://www.un.org/development/desa/pd/sites/www.un.org.development.desa.pd/files/icpd_en.pdf; Hervorheb. d. Autors. Siehe dazu ebenfalls: Ist der §218 eine sog. Autoritätsethik? (https://youngandfree-kaleb.de/ist-der-c2a7218-eine-sog-autoritaetsethik/) und unsere Research über „Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte“ als Blog (klicken) oder als dazugehörige PDF. ↩︎
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