Ursprünglich als Safer Space, zum Schutz vor Diskriminierung, Hass und Gewalt gedacht,1 wurde dieser geschützte Raum eines Morgens grauenvoll von bewaffneten Männern gestürmt. Frauen wurden verhöhnt, gedemütigt, verstümmelt, vergewaltigt, entführt und es wurde versucht sie ihrer Menschlichkeit und Würde zu berauben.
Als fleischgewordenes Objekt des Triumphes, wurden sie auf offener Straße, teils nackt, zur Schau gestellt. Bespuckt und geqäult wurden diese Frauen zum Symbol eines vermeintlichen Sieges gemacht. Sichtbar für die Welt. Jeder nahm es wahr.
Doch gerade diejenigen, die für Safer Spaces und gegen frauenspezifische Gewalt, gegen ihre Objektivierung, kämpften, lassen plötzlich jegliche Agenda, jedwede Handlung, jeglichen Aufschrei vermissen. Ohrenbetäubend.
Doch gänzlich tatenlos blieben sie nicht. Denn seitdem strichen sie alles durch wofür sie jemals einstanden. Denn, was zählt der Kampf gegen Vergewaltigung, der Kampf um Selbstbestimmung und „Nein heißt Nein“ wenn nur ausgewählte Opfer in Schutz genommen werden? Was zählen Safer Spaces für Frauen, wenn diese neben ihrem Frausein aber aufgrund einer „falschen“ Herkunft, einer „falschen“ Abstammung, nicht als schützenswert anerkannt werden? Zutritt verweigert? Ebenfalls sei darauf hingewiesen, dass in der feministischen Literatur die Theorie, eine Waffe als den symbolischen Phallus in der Hand der männlichen Unterdrücker zu sehen, nicht unüblich ist.2 Aber was zählt das Streiten für die Frauenbefreiung, wenn diesmal die sogenannten Befreier mit erigierter Waffe aus Metall und Fleisch, Frauen in die Gefangenschaft zerren und dafür auch noch gefeiert werden. Zwar schweigend. Aber wir wissen: Wer schweigt, stimmt zu und führt diesmal seine Theorie ad absurdum. Ohrenbetäubend.
Schon seit vielen Jahren wendet sich die feministische Bewegung gegen sich selbst. Gegen die Frau.3 Wider- und Zerlegt sie sich selbst. Seit vielen Jahren schon streitet sie nur für bestimmte Frauen-Klassen. Im Grunde geht es ihr nicht mehr um die Frau, denn die soll es wohl gar nicht geben, sondern ihr geht es um spezielle unterdrückte, unterpriviligierte und ungleich-behandelte Klassen. Erfüllt eine Frau diese immer wieder willkürlich gesetzten, weil allgemein undefinierbaren, Kriterien nicht, wird sie fallen gelassen und preisgegeben.
Am 07. Oktober 2023 wurden in israelischen Safer Spaces, auf den Straßen und in der unterirdischen Finsternis Gaza’s, Frauen vergewaltigt, verstümmelt, verbrannt, ermordet, verschleppt und als Objekte des perversen Triumphes gedemütigt, enwürdigt und zur Schau gestellt. Ja, sehr viele Frauen sind an und seit diesem immer noch andauernden Tag gestorben. Doch nicht nur das: Viele Frauen- und Menschenrechtsorganisationen umwehte an und seit diesem Tag eine ohrenbetäubende Totenstille. Denn auch der Feminismus gab an diesem Tag seine Glaubwürdigkeit und Leben.
Am 07. Oktober 2023 wurde der Feminismus wieder einmal gekidnappt. Wieder kooperierte er mit seinen Entführern, spreizte willig die Beine und lies sich von erregten Worten, erregtem Fleisch und Gewehr eine gehörige Ladung Hass in den Mund stecken. Ja, Hass schießt nicht nur. Hass spricht. Doch diesmal aus dem Mund derer, die den vermeintlichen Mechanismus erkannt und ihn eigentlich bekämpft haben woll(t)en. Erstickt sind sie daran. Verstummt. Totenstill. Von Frauen verraten wurden Frauen in die unterirdische Finsternis gesperrt, wo ihnen die sonst so wehhement eingeforderte medizinische Grundversorgung weiterhin verweigert wird.
Der Feminismus ist tot. Gestorben an seinen eigenen Idealen und unter dem Akt der Hamas, dem er feierlich, schweigend zutimmt. Bis Heute. Seit dem 07. Oktober 2023 herrscht feministische Totenstille. Ohrenbetäubend.
Heute brauchen wir es, dass Opfer beschützt und Täter bestraft werden. Wir dürfen es nicht mehr zulassen, dass Frauen von ihrem Geschlechtsgenossinnen Männern zum Fraß vorgeworfen werden, nur weil diese zwar das richtige Geschlecht, jedoch die falsche Staatsangehörigkeit und die vermeintlich falsche Klasse besitzen.
Titelbild: https://unsplash.com/de/fotos/frau-im-schwarzen-hemd-mit-schwarzer-sonnenbrille-vYqAHQNaOis?utm_content=creditShareLink&utm_medium=referral&utm_source=unsplash; Frau_Fenster_Licht: https://unsplash.com/de/fotos/frau-steht-vor-glasspiegel-DY2miYwMchk?utm_content=creditShareLink&utm_medium=referral&utm_source=unsplash
- „In der Welt gibt es nicht den Antisemitismus wegen [dem Staat] Israel. Israel gibt es wegen dem Antisemisitmus in der Welt.“ Philipp Peyman Engel, Chefredakteur der „Jüdischen Allgemeine“, bei https://www.welt.de/politik/ausland/video255159622/Philipp-Peyman-Engel-Baerbock-hat-in-den-letzten-15-Monaten-daran-gearbeitet-Israel-international-zu-isolieren.html, zuletzt aufgerufen am 22.03.2025
Um diese Aussage von Peyman Engel zu untermauern, sollen ein paar Zitate Theodor Herzl (Der Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage, Berliner Ausgabe, 2016, 4. Auflage) dienen. Herzl nahm den Antisemitismus wahr und verhalf als erster in der jüngsten Geschichte der Idee des Staates Israel auf die Welt.
„Wir [die Juden] haben überall ehrlich versucht, in der uns umgebenden Volksgemeinschaft unterzugehen und nur den Glauben unserer Väter zu bewahren. Man läßt es nicht zu. Vergebens sind wir treue und an manchen Orten sogar überschwängliche Patrioten, vergebens bringen wir dieseleben Opfer an Gut und Blut wie unsere Mitbürger, vergebens bemühen wir uns, den Ruhm unserer Vaterländer in Künsten Wissenschaften, ihren Reichtum durch Handel und Verkehr zu erhöhen. In unseren Vaterländern, in denen wir ja auch schon seit Jahrhunderten wohnen, werden wir als Fremdlinge ausgeschrien; oft von solchen, deren Geschlechter noch nicht im Lande waren, als unsere Väter da schon seufzten.“ (S. 10) „Die Notlage der Juden wird niemand leugnen. In allen Ländern, wo sie in merklicher Zahl leben, werden sie mehr oder weniger verfolgt. Die Gleichberechtigung ist zu ihren Ungunsten fast überall tatsächlich aufgehoben, wenn sie im Gesetze auch existiert. Schon die mittelhohen Stellen im Heer, in öffentlichen und privaten Ämtern sind ihnen unzugänglich. Man versucht sie aus dem Geschäftsverkehr hinauszudrängen: ‚Kauft nicht bei Juden!‘ […] Die Verfolgungen haben verschiedenen Charakter nach Ländern und Gesellschaftskreisen. In Rußland werden Judendörfer gebrandschatzt, in Rumänien erschlägt man ein paar Menschen, in Deutschland prügelt man sie gelegentlich durch, in Östereich terrorisieren die Antisemiten das ganze öffentliche Leben, in Algerien treten Wanderhetzprediger auf, in Paris knöpft sich die sogenannte bessere Gesellschaft zu, die Cercles schließen sich gegen die Juden ab. Die Nuancen sind zahllos. […] Ich glaube der Druck ist überall vorhanden. In den wirtschaftlich obersten Schichten der Juden bewirkt er ein Unbehagen. In den mittleren Schichten ist eine schwere dumpfe Beklommenheit. In den unteren ist es die nackte Verzweiflung. Tatsache ist, daß es überall auf dasselbe hinausgeht, und es läßt sich im klassischen Berliner Rufe zusammenfassen: Juden raus!“ (S. 17) „Die Völker bei denen Juden wohnen, sind alle samt und sonders verschämt oder unverschämt Antisemiten. […] Wir sind, wozu man uns in den Ghetti gemacht hat. Wir haben zweifellos eine Überlegenheit im Geldgeschäft erlangt, weil man uns im Mittelalter darauf geworfen hat. Jetzt wiederholt sich der gleiche Vorgang, Man drängt uns wieder ins Geldgeschäft, das jetzt Börse heißt, indem man uns alle anderen Erwerbszweige abbindet. Sind wir aber in der Börse, so wird das wieder zur neuen Quelle unserer Verächtlichkeit. Dabei produzieren wir rastlos mittlere Intelligenzen, die keinen Abfluß haben und dadurch eine ebensolche Gesellschaftsgefahr sind wie die wachsenden Vermögen. Die gebildeten und besitzlosen Juden fallen jetzt dem Sozialismus zu. Die soziale Schlacht müsste also jedenfalls auf unserem Rücken geschlagen werden, weil wir im kapitalistuschen wie im sozialistischen Lager auf exponiertesten Punkten stehen.“ (S. 18) „Unser heutiger Antisemitismus darf nicht mit dem religiösen Judenhasse früherer Zeiten verwechselt werden, wenn der Judenhaß auch in einzelnen Ländern noch jetzt eine konfessionelle Färbung hat. […] In den Hauptländern des Antisemitismus ist dieser eine Folge der Judenemanzipation.“ (S. 20) „In den Bervölkerungen wächst der Antisemitismus täglich, stündlich und muß weiter wachsen, weil die Ursachen fortbestehen und nicht behoben werden können. Die causa remota ist der im Mittelalter eingetretene Verlust unserer Assimilierbarkeit, die causa proxima unsere Überproduktion an mittleren Intelligenzen, die keinen Abfluß nach unten haben und keinen Aufstieg nach oben – nämlich keinen gesunden Abfluß und keinen gesunden Aufstieg. Wir werden nach unten hin zu Umstürzlern proletarisiert, bilden die Unteroffizieren aller revolutionären Parteien und gleichzeitig wächst nach oben unsere furchtbare Geldmacht. (S. 21). ↩︎ - „Die Waffe als Symbol von Sexualität und Männlichkeit: Waffen besitzen immer auch eine sexuelle Konnotation. So wird die Waffe als Phallus gesehen, der in die (als weiblich definierten) feindlichen Gebiete eindringt.“ Genderdimensionen des Waffengebrauchs, Cordula Dittmer, 18.08.2014, https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/190117/genderdimensionen-des-waffengebrauchs/#footnote-reference-13, zuletzt aufgerufen am 22.03.2025 ↩︎
- Siehe „Was wollte Judith Butler“ in https://youngandfree-kaleb.de/also-sprach-judith-butler-das-unbehagen-der-geschlechter/ ↩︎
Schreibe einen Kommentar