„Was will denn die ganze Polizei hier in Annaberg?“ fragte der Mann. Sie daraufhin etwas abfällig: „Die machen irgend so einen Marsch gegen Abtreibung.“ Herzlich Willkommen in Annaberg-Bucholz. Da war am Samstag (11.06.2022) richtig viel los. Der Verein „Lebensrecht Sachsen e.V.“ hatte zum „Schweigemarsch für das Leben“ eingeladen. Pro Choice Sachsen dagegen, hatte „den Schweigemarsch stoppen“ auf ihren Zugtickets stehen. Die einen waren also mit Inhalt, die anderen mit den altbekannten Slogans unterwergs.
Eins vorweg: der Schweigemarsch wurde nicht gestoppt. Er fand wie geplant statt und führte einmal quer durch die erzgebirgische Bergstadt. Ausgehend vom Erzgebirgsklinikum, führte der Marsch zur St. Annenkirche, wo die Abschlusskundgebung u.a. mit Heinrich Ottinger und David Hoffmann stattfand.
Ottinger war es, der den Teilnehmern zu Beginn noch einmal den Einladungsflyer vor Augen hielt. Hier sehe man zwei Fotos, „die unsere Thematik kennzeichnen“ sagte er. Das eine Foto zeigt ein ungeborenes Kind und das andere eine alte Frau. „Ich möchte Ihnen sagen wo ich da den Zusammenhang ziehe zu Flugzeugfenstern. Vielleicht wissen Sie: Flugzeugfentser haben ja abgerundete Ecken. Warum haben Flugzeugfenster abgerundete Ecken? Nun, weil an den Ecken, da tritt die größte Spannung auf. Und auf diese Art und Weise ist der Flugzeugrumpf gefährdet, dass es an diesen Stellen einreist bei besonderen Belastungen. An den Ecken, an den Kanten, da treten die größten Belastungen und Herausforderungen auf. Und genauso haben wir es hier auf diesem Foto. Sie sehen und erleben in dieser Zeit, dass die größten Belastungen, dass die größten Verzerrungen am Anfang und am Ende des Lebens auftreten.“1
Selbst Kristina Hänel spricht vom „töten“
Ottinger zitiert dann das, wie er sie nennt, „Vorbild und Idol, derer die uns hier nieder schreien“1: Kristina Hänel. Er verweist auf ein Radiointerview mit Hänel in der „Gesprächszeit“ auf Radio Bremen zwei. Dort sagte sie u.a., dass sie sich selbst als Lebensschützerin sieht. Auf den berechtigten Einwand von Interviewerin Jutta Günther „Aber wenn Sie abtreiben, schützen Sie in dem Moment das Leben dieses künftigen Kindes nicht.“ antwortet Hänel : „Ja, in dem Moment wird ein Embryo getötet. Das ist die Realität, ja.“2
— > Eins muss mann ihr lassen, sie bleibt wenigstens Konsequent. In ihrem Buch erzählt sie nämlich das Gleiche. <–
Ottinger gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass in der Debatte um den §219a in den Medien und im Bundestag „das Kind [..] verbal nicht mehr existent“ war. Es kam in der Debatte, zumindest von Seiten der Ampelkoalition, überhaupt nicht mehr vor. „Das Kind war verbal bereits, man könnte sagen, abgetrieben.“3
Pro Choice Sachsen entgegnete daraufhin mit dem starken Argument: „Halt die Fresse! Halt die Fresse!“
Goethe’s Arzt warnte eindringlich
Am Ende seiner Rede erinnerte Ottinger an Christoph Wilhelm Hufeland, der u.a. Arzt von Goethe war. Herr Ottinger sagte, dass man das Zitat von Hufeland auch bei Wikiquote finden könnte. Haben wir:
„Er [der Arzt] soll und darf nichts anderes thun, als Leben erhalten; ob es ein Glück oder Unglück sei, ob es Werth habe oder nicht, dies geht ihn nichts an, und maaßt er sich einmal an, diese Rücksicht mit in sein Geschäft aufzunehmen, so sind die Folgen unabsehbar, und der Arzt wird der gefährlichste Mensch im Staate; denn ist einmal die Linie überschritten, glaubt sich der Arzt einmal berechtigt, über die Nothwendigkeit eines Lebens zu entscheiden, so braucht es nur stufenweise Progressionen, um den Unwerth und folglich die Unnöthigkeit eines Menschenlebens auch auf andere Fälle anzuwenden. […] Den Tod verkündigen, heißt, den Tod geben, und das kann, das darf nie ein Geschäft dessen sein, der blos da ist, um Leben zu verbreiten.“4
Vater berichtet vom Leben mit behinderten Kind
David Hofmann berichtete anschließend über seinen Sohn „Karl“, bei dem nach der Geburt ein Gendeffekt diagnostiziert wurde. Aufgrund dieses Defekts ist es seinem Sohn unmöglich etwas dazu zu lernen. Er bliebe immer auf dem Stand eines Neugeborenen.
Der Vater erzählte sehr ehrlich von seiner anfänglichen Enttäuschung, davon, dass die Familie es am Anfang „nicht sehr locker“ nehmen konnte. Während er über die Ängste vor einem nächsten Anfall des Sohnes oder dem nächsten Krankenhausaufenthalt sprach, schrie Pro-Choice Sachsen nur: „Fundamentalismus raus aus den Köpfen!“
Von Tag zu Tag würden sie in die Zukunft leben, so Hofmann weiter, und sie wären sehr dankbar für die kleinen Dinge, für Glücksmomente mit ihrem Kind, ein Lächeln oder dankbar für Ärzte, die alles in ihrer Macht stehende tun, um dem Sohn zu helfen.
Was er den Teilnehmern noch mitgeben will, wurde David Hofmann am Ende des Interviews gefragt: Enttäuschungen an Gott abgeben. Darüber sprechen, dass die Enttäuschung nicht irgendwann zu Hass wird, sagte Hofman. „Gott anvertrauen. […] Dem Hass keinen Raum zu geben, diesem Bösen, dass sich da immer wieder breit machen will.“ Und allen, die nicht betroffen sind, die kein behindertes Kind haben, riet er, solche Eltern zu ermutigen, ihnen auf die Schulter zu klopfen, für sie zu beten (wer das kann) und seine praktische Hilfe bzw. ein Gespräch „über was Gutes“ anzubieten.
Ottinger lässt Grüße für Berlin in Annaberg
Heinrich Ottinger erlaubte sich danach noch ein kurzes Schlusswort…
…“an unsere Parlamentarier: Ich habe hier eine Zigarettenschachtel mitgenommen, die ich vor Jahren gefunden habe – ich selber bin Nichtraucher. Auf dieser Zigarettenschachtel steht drauf: ‚Rauchen kann Ihr ungeborenes Kind töten!‘ Ich wiederhole: ‚Rauchen kann Ihr ungeborenes Kind töten!‘ Liebe Abgeordnete, mir ist es sehr wichtig: Sie haben – besonders aus den Regierungskoalitionsparteien – den Begriff ‚Kind‘ und alles was damit zusammenhängt – brutalstmöglich zu vermeiden versucht. Und hier haben wir das Beispiel einer der verlogensten Industrien, die es je gegeben hat, die Zigarettenindustrie. Und ausgerechnet die Zigarettenindustrie spricht vom ‚ungeborenen Kind‘! Sie haben recht.6
Danke
Danke an die Veranstalter von „Lebensrecht Sachsen e.V.“ Danke an alle Teilnehmer. Danke an Heinrich Ottinger. Und Danke an den mutigen Vater, David Hofmann, für den Einblick in das Leben mit einem behinderten Kind. Danke!
Quellen:
1: Ottinger Heinrich, Abschlusskundgebung Schweigemarsch für das Leben, 11.06.2022, Annaberg, die Audio-File liegt uns vor; bezüglich der Fenster: https://www.travelbook.de/fliegen/darum-sind-flugzeugfenster-immer-rundlich-und-nie-eckig
2: https://kaleb.de/wp-content/uploads/2020/12/20-09-16-klare-worte.pdf
3: vgl.: 1
4: https://de.wikiquote.org/wiki/Christoph_Wilhelm_Hufeland
5: vgl.: 1
6: vgl.: 1;
Bilder: Flugzeug_Fenster; Stetoskop_Herz, Aschenbecher
Walter Schrader
Lieber Sebastian,
ich habe gerade mal wieder bei Euch reingeguckt und kann nur sagen: DANKE! Ihr trefft den Nagel auf den Kopf! Danke für alle guten und hochaktuellen Beiträge! Ich freue mich, dass gerade Ihr als junge Menschen immer wieder für das Leben aufsteht!
Übrigens, was die „Ampel“ auf ethischem Gebiet sich vorgenommen hat, kann man nur als Katastrophe bezeichnen: „219a streichen“, d.h. doch letztlich, das Töten vorgeburtlicher Kinder als „reproduktive Gesundheitsleistung“ zu etablieren. Ein Skandal! Als nächsten Schritt soll dann eine „Kommission“ eingesetzt werden, um Abtreibung ausserhalb des Strafgesetzbuches zu regeln. Das Ziel ist doch, die totale Freigabe der Kindstötung im Mutterleib. Mit der Neufassung des sogen. Transsexuellengesetzes soll die „Geschlechtsveränderung“, diese fürchterliche Verunsicherung junger Menschen zu ihrem biologischen Geschlecht mit bisher verheerenden Schäden, weiter vereinfacht und verbreitert werden. Gut, dass Ihr den offenen Brief von Fachleuten dazu veröffentlicht habt.
Danke auch für den Bericht „Lebensmarsch Annaberg“: Man konnte wieder sehen – außer beleidigendes, pöbelndes Geschreie hat die andere Seite nichts aufzubieten. Oft sind es ja auch direkt Betroffene, wir sollten für sie beten.
Also – weiter so und herzliche Segensgrüße
Euer Walter Schrader