Wir lassen dieses Jahr mal die Finger vom Valentinstag
und wenden uns lieber der Entstehung der Abdrücke zu.
Die Haut ist unser größtes Sinnesorgan und
das erste was seine Funktion aufnimmt.
„Schon im Alter von acht Wochen reagiert der Fötus,
wenn er an den Lippen berührt wird.“ (Hüther & Krens, 2008, S. 69)
Zu diesem Zeitpunkt ist der Kleine 2,5cm groß.
Mit der Haut nehmen wir Kontakt zur Umwelt auf, fühlen und erspüren sie.
Über die Haut werden wir auch begrenzt. Denn „über die Empfindungen der eigenen
Körpergrenzen kann das Kind sich als eigene Person (‚das bin ich‘) und den
anderen als getrennt von sich erleben (‚das bist du‘). […] Hätte
man keine Hautwahrnehmungen, wüsste man nicht,
wo der eigene Körper zu Ende ist.“ (ebd., S. 71)
Und gerade auf diesem großen Tastorgan, der Haut, die uns in unserer
Identität und Individualität bestimmt und begrenzt, liegen die individuellsten
Punkte unseres Körpers: die Fingerabdrücke.
„Offensichtlich ist ja fast ein bisschen ein Druck drauf,
damit ja nicht zwei Menschen auf die Welt kommen mit den gleichen Mustern.
Es kann ja wohl nicht so sein, wer immer sich das auch ausgedacht haben mag,
zum Zwecke der Identifikation im Fall einer kriminellen Handlung,
so kann‘s ja wohl nicht sein. Das heißt es ist nicht klar,
warum das so individuell sein muss,“ sagt
Markus Hengstschläger, Humangenetiker
auf ORF.at.
Unsere Entwicklung ist in unseren Genen festgelegt.
Eineiige Zwillige haben dieselbe genetische Basis,
sie haben den gleichen genetischen Fingerabdruck.
Deswegen müssten sie eigentlich auch
identische Finger-Fingerabdrücke haben.
Dem ist aber nicht so. Warum?
Fingerabdrücke können demzufolge nicht nur von den Genen bestimmt sein.
Schon nach wenigen Wochen beginnt der Embryo mit der
Organbildung und der Ausformung von Händen und Füßen.
An den Innenseiten der Handflächen wachsen dabei kleine Gewebepolster.
Diese bilden sich später zurück und hinterlassen, diese für jeden Menschen
einzigartigen Linien. „In ihrer Gesamtheit sind sie individualspezifisch
und bleiben zeitlebens gleich, so daß sie für die Identifizierung
von Personen eingesetzt werden können.“ (Zankl, 2001, S. 51)
„In der 10. Woche ist der für diesen Menschen eindeutige
und unverwechselbare Fingerabdruck ausgebildet.“ (Kiworr, 2016, S. 98)
D.h. schon im Alter von 10 Wochen nach der Befruchtung,
könnten wir theoretisch schon unser Smartphone per Fingerscan entsperren.
Diese total individuellen Linien können uns sogar noch etwas
über die Zeit im Bauch unserer Mutter sagen.
Kommt es während der Fingerabdruck-Entstehungszeit
„zu einem Ernährungs-Engpass, wird die Blutzufuhr zum Kopf hin verstärkt –
was die Extremitäten, wie Fingerspitzen und Zehen, anschwelen lässt.
Sind die Fingerkuppen stark geschwollen, bilden die Linien darauf kleine
konzentrische Kreise, bei mäßiger Schwellung formieren sie sich zu einem Muster
aus ovalen, seitlich geneigten Schlaufen. Bei schwacher Schwellung bildet sich ein
symmetrisches Muster aus nach oben gewölbten Bögen“ (Siehe Bild unten).
„Wer auf seinen Fingerkuppen ein Bogen- oder Schlaufenmuster entdeckt, der kann […]
mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Versorgungslage im Mutterleib
nicht zu wünschen übrig ließ.“ (Von Hardenberg, 2001, S. 33)
Der Humangenetiker wundert sich: „Jetzt ist das die belastbarste Stelle
des menschlichen Körpers und gleichzeitig die Stelle, wo wir am meisten
Tastkontakt mit der Umwelt haben. Eine Stelle, sensibel und voll von Rezeptoren,
die dieses Tasten in Richtung unseres Gehirns übertragen aber bei beiden
Funktionen, die Handflächen und Fußflächen übernehmen, ist mir nicht ganz klar,
warum es sich die Evolution geleistet hat, jedem einen individuellen
Fingerabdruck zu geben, ohne irgendeinen Sinn, oder ist das alles Zufall.“
Quellen:
+ Photo by Claudio Schwarz | @purzlbaum on Unsplash
+ Photo by Samuel Rodriguez on Unsplash
+ Photo by Immo Wegmann on Unsplash
+ Photo by Juliane Liebermann on Unsplash
+ Photo by Lukenn Sabellano on Unsplash
+ Irene von Hardenberg in „Geo-Erlebniswelt Mutterleib; Nr. 7/Juli 2001
Bild der versch. Fingerabdrücke aus selben Artikel
+ Gerald Hüther & Inge Krens; Das Geheimnis der ersten neun Monate; 2008; Beltz Taschenbuch
+ Markus Hengstschläger auf https://tv.orf.at/groups/magazin/mgr/128270/;
aufgerufen am 06.02.2021 18:48Uhr
+ Heinrich Zankel; Von der Keimzelle zum Individuum
Biologie der Schwangerschaft; 2001; Verlag C.H. Beck
+ Neun Monate bis zu Geburt – Fakten und Bilder,
Michael Kiworr, 2016, 1. Auflage, Bernardus Verlag
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