Am 04.März debattierte der Bundestag zu späterer Stunde über den Antrag von
einigen Abgeordneten von „die Linke“. Diese hatten einen Gesetzesentwurf:
„Für das Leben – Das Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung sichern,
reproduktive Gerechtigkeit ermöglichen“ eingereicht.
Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, „einen Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Sicherung reproduktiver Rechte vorzulegen“, der im gleichen Atemzug das „Schwangerschaftskonfliktgesetz“ (SchKG) ersetzen soll. Ebenfalls sollen in diesem Gesetz die Kostenübernahme „von Schwangerschaftsabbrüchen und deren Nachsorge als Teil der Gesundheitsversorgung“ und die Kosten für verschreibungspflichtige Verhütungsmittel (z.B. Pille danach) durch die gesetzlichen Krankenkassen geregelt werden. Außerdem fordert der Entwurf „die Kostenübernahme für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft auch unter Verwendung von Spendersamen für alle Menschen mit ungewollter oder medizinisch begründeter Kinderlosigkeit“. Das gilt, laut Antrag auch für „Frauen und Personen anderen Geschlechts, die in nichtehelicher, lesbischer, sonstiger oder ohne Partnerschaft leben“.
30 Minuten gab es für die Aussprache.
Wir picken hier ein paar wichtige Sätze der Debatte heraus:
(Hier die ganze Beratung im Zusammenhang, das Plenarprotokoll zum mitlesen ab S. 142
und der Entwurf um den es geht.)
Cornelia Möhring (die Linke)
„Damit Frauen sich für oder gegen Kinder entscheiden können, braucht es den Zugang zu sicheren Verhütungsmitteln, und zwar unabhängig vom Geldbeutel, und das Recht, eine Schwangerschaft abbrechen zu können. […] Wir wollen, dass die reproduktive Gerechtigkeit als politisches Ziel verankert wird und politisches Handeln sich damit an dem folgenden Dreiklang orientiert: erstens dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung aller Menschen, zweitens dem Recht, dass jede Person selbst entscheiden kann, ob sie ein Kind bekommt oder nicht, und drittens dem Recht auf ein gutes Leben mit Kindern, also auf ein materiell abgesichertes Leben in Würde und Sicherheit mit Kindern, die der Gesellschaft willkommen sind.“
Sylvia Pantel (CDU/CSU)
„Für die CDU/CSU steht aber ganz klar fest: Ungeborenes Leben hat wie alle Menschen einen Anspruch auf Schutz. Das Recht auf Leben steht für uns zu keiner Zeit zur Disposition. […] Die Linkspartei stellt sich mit ihrem heutigen Antrag wieder einmal gegen unsere Verfassungsordnung und kündigt die Fristenlösung auf. Sie fordert einen völlig deregulierten Abtreibungsmarkt, diesmal unter dem Etikett „körperliche und sexuelle Selbstbestimmung“. Selbstbestimmung ist kein bloßes Recht zur Durchsetzung von Eigeninteressen, sondern Selbstbestimmung findet ihre Grenzen dort, wo das vermeintliche Recht des einen die Würde des anderen verletzt. Die Achtung der Menschenwürde des anderen gehört zu den grundlegenden Werten unseres Menschenbildes und ganz grundlegend zu unserer liberalen Rechtskultur.“
Beatrix von Storch (AfD):
„In Ihrem Antrag reden Sie doch tatsächlich über – Zitat – ‚Menschen, die schwanger werden können, in der überwiegenden Mehrzahl Frauen‘ oder über – Zitat – ‚gebärfähige Körper, in der überwiegenden Mehrzahl Frauenkörper‘. Sie bezeichnen tatsächlich werdende Mütter als ‚gebärfähige Körper‘ […] Eines in Ihrem Antrag ist aber konsequent – und konsequent richtig –, nämlich dass Sie das Wort ‚Kindeswohl‘ nicht ein einziges Mal benutzen. Das Kindeswohl, das Bedürfnis des Kindes nach Vater und Mutter, nach Geborgenheit, nach Verlässlichkeit, nach Bindung […] Kinder sind bestellbar und dafür auch herstellbar. Und wenn das Kind dann nicht mehr gewollt ist, dann wird es entsorgt. Sie wollen Abtreibungen ohne Einschränkungen legalisieren – keine Beratung, keine Indikation, keine Fristenlösung –, also Abtreibungen bis fünf Minuten vor der Geburt; das wollten die Jusos auch schon. Ein Kind im neunten Monat fünf Minuten vor der Geburt zu töten, das ist Mord. Und das wollen Sie erlauben!“
Gülistan Yüksel (SPD):
„Der vorliegende Antrag hält fest, dass fehlende finanzielle Möglichkeiten eine selbstbestimmte Familienplanung einschränken können. Ja, dieses Problem wollen wir überwinden. Deshalb verfolgen wir als SPD weiter das Ziel, für Frauen mit niedrigem Einkommen den kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln und die kosten freie Vergabe der Pille danach zu gewährleisten. Denn Familienplanung darf nicht vom Geldbeutel abhängen, liebe Kolleginnen und Kollegen. […] Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen auch die Menschen unterstützen, die Sorge haben, dass sie sich ein Kind nicht leisten können; denn auch die Entscheidung für ein Kind darf nicht vom Geldbeutel abhängen!“
Katrin Helling-Plahr (FDP):
„Aber reproduktive Gerechtigkeit, wie Sie fordern, wird es leider nie geben können. Es ist nicht gerecht, dass manche Menschen keine Kinder bekommen können, dass manche Frauen immer wieder Fehlgeburten erleiden. Wir sollten aber unbedingt davon Abstand nehmen, die Frage nach dem eigenen Kind zur Gerechtigkeitsfrage zu machen. Der Begriff „reproduktive Gerechtigkeit“ stammt ja auch aus einem ganz anderen Kontext. Er entstand, weil 1994 rund um die UN-Entwicklungskonferenz in Kairo schwarze Frauen explizit in Abgrenzung zu der weiß dominierten Pro-Choice-Bewegung ausdrücken wollten, dass es auch ein Recht geben muss, sich für Kinder zu entscheiden. Sie standen unter dem Eindruck westlicher Entwicklungspolitik, die zur Folge hatte, dass sich Frauen zu Empfängnisverhütung und Sterilisation gedrängt sahen.“
Katrin Helling-Plahr’s Rede gibt es hier.
Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
„Und: Frauen wird die Entscheidung im Falle einer ungewollten Schwangerschaft nicht selbst überlassen. Der Schwangerschaftsabbruch steht im Strafgesetzbuch unter § 218; er ist verboten unter Androhung einer Freiheits- oder Geldstrafe. Meine Damen und Herren, wenn Sie das jüngeren Leuten erzählen, sind die fassungslos. Den allermeisten ist nicht mehr bewusst, dass Schwangerschaftsabbrüche eigentlich kriminalisiert sind. Wir Grünen haben das immer kritisiert. Was aber jetzt passiert, ist besorgniserregend. Wir sehen zunehmend eine Versorgungslücke für Frauen; denn die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, geht seit Jahren zurück.“
Stephan Pilsinger (CDU/CSU)
„Des Weiteren soll nach Ihrem Willen der Bundestag feststellen – ich zitiere wiederum: ‚Eine solche angenommene Austragungspflicht macht gebärfähige Körper, in der überwiegenden Mehrzahl Frauenkörper, zum Objekt dieser Austragungspflicht‘. Nur zum Verständnis, liebe Linkspartei: Wir sprechen hier von einer Schwangerschaft, von der Entstehung neuen menschlichen Lebens, und nicht von der Herstellung eines Produkts. Aber es wird noch verstörender – ich zitiere weiter –: ‚Während niemand dazu gezwungen werden darf, den eigenen Körper, Körperflüssigkeiten oder Körperteile gegen den eigenen Willen anderen zur Verfügung zu stellen, gilt dies für ungewollt Schwangere nicht. Sie werden verpflichtet, den eigenen Körper für mindestens neun Monate zur Verfügung zu stellen‘. Jetzt frage ich mich: Welches verabscheuungswürdige Menschenbild leben Sie hier eigentlich aus?“
Stephan Pilsinger’s Rede gibt es hier.
Was sagt ihr dazu?
Schreibt eure Meinung unten in die Kommentare.
Quellen:
Titelbild
Bundestag von Ingo Joseph von Pexels
ela
Abtreibungen sollen bis zur Geburt erlaubt sein, während heute „Frühchen“ überleben,
die im 6. oder im 7. Schwangerschaftsmonat zur Welt kommen?
Wer soll denn in so einer Horrorklinik arbeiten?
Während also ein Arzt in einem Kreißsaal alles dafür tut, das Leben eines Babys zu retten,
das zu früh zur Welt gekommen ist,
soll sein Kollege im Nebenzimmer eine Abtreibung bei einem noch ungeborenen Kind im 8. Monat durchführen?
Kinder die nur noch gestillt und gewickelt werden müssen?
Das die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen,
seit Jahren zurück geht ist ein sehr gutes und gesundes Zeichen.
Wer will schon von einem Arzt behandelt werden, der in einem Zimmer alles FÜR das Leben tut
und im nächsten Zimmer jemanden umbringt.
Vielleicht sollte ich mal einen Antrag stellen,
dass jedes überlebensfähige Baby bei mir abzugeben ist.
Mal abgesehen davon: es gibt sie schon lange, die Abtreibungen bis zur Geburt.
Nämlich bei der medizinischen Indikation. Es ist und war in Deutschland leider sehr einfach
eine Abtreibung machen zu lassen. Ob da mal eine Frau dafür im Gefängnis gelandet ist
wage ich zu bezweifeln. Vielleicht im letzten Jahrhundert. Gehört habe ich davon nie.
ela
Beatrix von Storch sagt absolut die Wahrheit.
Eine mutige Frau!
Reiner Weigel
Da wird uns wieder neu bewusst, wie wichtig es ist sich auch politisch zu informieren und dann die richtige Entscheidung bei Wahlen zu treffen… danke für die aussagefähige Info