Heute, am 10. Dezember, feiern wir den Tag der Menschenrechte, der gleichzeitig ein Gedenktag für die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist. Grund genug um sich einmal näher mit ihr zu beschäftigen. Auf geht’s.
Historischer Background
„Es schien viel erreicht worden zu sein, als die Nürnberger Prozesse nach dem zweiten Weltkrieg die Menschenwürde als höchsten Wert über die Politik und über das Gesetz stellten und entschieden, daß ungerechte Befehle, die die grundlegende Würde des Menschen verletzen, nicht befolgt werden dürfen. Wer Befehle ausgeführt hatte, die die Vernichtung der Juden bezweckten, hatten sich nicht nur falsch verhalten, sondern ein Verbrechen gegen die Menschheit begangen“.1
Dies machen die Verfasser in der Präambel deutlich, indem schreiben, dass „die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen“.2
Außerdem wurden die „Menschenrechte über das nationale Recht und die nationale Politik gestellt, und das ist in der internationalen Politik äußerst wichtig: Zum ersten Mal entschied ein Gericht auf der Grundlage des Naturrechts3 über das, was ein Mensch beanspruchen und erwarten kann. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 ist in dieser Hinsicht das weltweit maßgebliche Dokument.“4
So einfach ist es auch wieder nicht(?)
Gregor Puppinck berichtet in seinem Buch „Der denaturierte Mensch und seine Rechte“, dass es bei der Frage wann das Recht auf Leben einsetze heiß her ging. „Einmal mehr standen sich hier die zwei unterschiedlichen Auffassungen über den Menschen und sein Würde gegenüber. Mit dem Einwand, dass im Fall der Gefährdung des Lebens der Mutter mehrere Staaten die Abtreibung des Kindes erlaubten, setzte sich der Vertreter Chinas, unterstützt von der Sowjetunion und dem Vereinigten Königreich, dagegen ein, dass der Schutz des Lebens ausdrücklich mit der Empfängnis beginnen solle. Letztendlich blieb der Text in dieser Frage stumm. Es war damit zugestanden, dass die Allgemeine Erklärung dahingehend verstanden werden kann, dass der Schutz des Lebens mit der Empfängnis einsetzt, oder eben nicht, je nach der Vorliebe jedes Staates. So wurde entschieden, dem menschlichen Leben vor der Geburt keinen ausdrücklichen internationalen Schutz zuteilwerden zu lassen.
Zu bemerken ist, dass genau im selben Moment der Weltärztebund die Initiative ergriff, den Hippokratischen Eid 1948 durch die Hinzufügung eines Genfer Gelöbnisses auf den neuesten Stand zu bringen […]. In diesem Text versprechen die Ärzte, ‚dem menschlichen Leben vom Zeitpunkt der Empfängnis an die höchste Achtung entgegenzubringen‘ und ’nicht zuzulassen, dass Erwägungen von Glaube, Staatsangehörigkeit, politischer Zugehörigkeit, Rasse, sozialer Stellung oder jeglicher anderer Faktoren zwischen meine Pflichten und meinen Patienten treten'“10,11.
Interessanterweise wurde die Geneva Consensus Declaration auch in Genf verfasst. Irgendwas hat’s mit dem Ort.
Wem gelten die Menschenrechte?
[Vorab unter uns: Wenn zwei Menschen sich fortpflanzen, dann entsteht? „Ein Mensch!“ Richtig. Und für wen gelten dann die Menschenrechte?]
„Es war die Absicht der Verfasser der Erklärung, die Erkenntnis von der Würde des Menschen in einem feierlichen Dokument festzuhalten, eine Erkenntnis, die durch ein aufrichtiges von Vernunft und Erfahrung geleitetes Nachdenken darüber gewonnen werden kann, was der Mensch ist. Deshalb schrieben sie ausdrücklich, daß diese Würde ‚angeboren‘ und die damit verbundenen Rechte ‚unveräußerlich‘ sind. Mit anderen Worten: Diese Rechte können nicht von Politikern oder anderen Personen geändert werden, weil sie angeboren sind und jedem Menschen, aufgrund der bloßen Tatsache, daß er ein Mensch ist, wie ein Geburtsrecht zustehen.“5
Im Wortlaut klingt das wie folgt: „Da die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen
Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet“.6
(Hmm. Hört sich fast so an wie in der Rede von Mutter Teresa, als sie den Nobelpreis verliehen bekam.7)
Ging es euch gerade auch so, dass ihr über das Wort „angeboren“ gestolpert seid? Hat man die Menschenrechte erst nach der Geburt? Gibt es also doch einen magischen Geburtskanal? Was ist dann mit den Ungeborenen? Sind deren Rechte schon veräußert?
Angeboren meint hier etwas viel tieferes. Das Wort unveräußerlich gibt uns einen Hinweis darauf. Etwas ist erst dann unveräußerlich, wenn es mir von anfang an gehört. Im englischen Original8 steht für angeborene Würde dort inherent dignity. Dignity ist Würde und für inherent gibt es das deutsche Pendant inhärent. Logisch oder?
Wer schnell im Wikiwörterbuch sucht findet heraus, dass inhärent „(einer Sache) anhaftend, innewohnend“9 meint. Ein weiteres Synonym wäre bspw. „ureigen“. Als sinnverwandte Wörter gelten „nativ, originär, immanent“ und, wer hätte es gedacht, „angeboren“.9
Also ist im englischen Original eigentlich die Rede von einer anhaftenden, innewohnenden, ureigenen Würde des Menschen, die allen Mitgliedern der Gemeinschaft der Menschen gilt. Und zu dieser Gemeinschaft zählt jeder Mensch von der Zeugung bis zu seinem natürlichen Tod. Jeder Mensch hat innewohnende, ureigene Würde und unveräußerliche Menschenrechte. Von Anfang an.
Die deutsche Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz sagte, auf die Frage was man unter „angeborene Würde“ philosophisch verstehen sollte, uns gegenüber folgendes: „Natürlich entsteht die Würde nicht physisch; der Ausdruck, will wohl sagen, daß mit dem faktischen Dasein eines Menschen unlösbar seine Würde verknüpft ist. Wir können uns nur als real existierend, im Fleisch denken, daher die Bindung der Würde an die Faktizität.“
Zusammenfassung: Jeder hat…
Abtreibung ist falsch aus einem gewissen Grund. Nicht unbedingt weil ein Embryo zum Zeitpunkt der Abtreibung Schmerz empfinden könnte oder bei Bewusstsein wäre. Diese Fähigkeit ist subjektiv und relativ. Das ist in letzter Konsequenz nicht relevant. Relevant ist aber ob dieser Embryo ein Mensch ist oder nicht. (Erinnert ihr euch an die Frage was dabei raus kommt wenn zwei Menschen sich fortpflanzen?) Denn „Jeder [Mensch] hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.“12 heißt es in Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Außerdem hat laut Artikel 6 „Jeder […] das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden.“13 Und das gilt überall für alle Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen. Auch im Mutterleib. Von Anfang an. Schon vor der Einnistung.
P.S.: Sollten noch Unklarheiten darüber bestehen wann das menschliche Leben beginnt, der klicke bitte hier.
P.P.S. Der Bundesverband Lebensrecht hat ebenfalls eine Pressemitteilung für den Tag der Menschenrechte herausgegeben. –>Hier<– könnt ihr sie lesen.
Quellen. zuletzt aufgerufen am 05.12.2022
1: Janne Haaland Matlary; Veruntreute Menschenrechte; 2006; Sankt Unlrich Verlag GmbH; S. 13
2: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte; https://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf
3: Zur Erklärung des Naturrechts würden wir folgende zwei Videos empfehlen: „Was ist Natur(recht)?“ von Prof. Dr. Rémi Brague sowie „Ist das Naturrecht für die Politik relevant?“ von Prof. Dr. Jörg Benedict
4: siehe Fn. 1
5: ebd.; S. 14
6: siehe Fn. 2
7: „Der größte Zerstörer des Friedens ist heute der Schrei des unschuldigen ungeborenen Kindes. Denn wenn eine Mutter ihr eigenes Kind in ihrem eigenen Leib ermorden kann, was bleibt dann noch für Sie und für mich übrig, dass wir uns gegenseitig umbringen?“ Mutter Teresa – https://www.nobelprize.org/prizes/peace/1979/teresa/acceptance-speech/
8: https://www.un.org/en/about-us/universal-declaration-of-human-rights
9: https://de.wiktionary.org/wiki/inh%C3%A4rent
10: WELTÄRZTEBUND DEKLARATION VON GENF DAS ÄRZTLICHE GELÖBNIS: https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/_old-files/downloads/pdf-Ordner/International/bundersaaerztekammer_deklaration_von_genf_04.pdf
11: Gregor Puppnick; Der denaturierte Mensch und seine Rechte; Medien-GmbH Heiligenkreuz; 2021; S. 122f.
12: siehe Fn. 2; Artikel 3
13: siehe Fn. 2; Artikel 6
Bilder: Titelbild; Holztafel; Baby; Mädchen_Shh Schwangere_Frau
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