Sehr verehrte Leser und Leserinnen unseres Blogs, dürfen wir euch den siebten Familienbericht der Bundesregierung ins Gedächtnis rufen? Dort stellte man fest, dass bereits 2001 in den privaten Haushalten der Bundesrepublik Deutschland […] ein Gesamtvolumen an 96 Mrd. Stunden unbezahlter Arbeit im Vergleich zu insgesamt 56 Mrd. Stunden Erwerbsarbeit geleistet wird.1 40 Milliarden Arbeitsstunden mehr – Unbezahlt!
Als auf Bundesebene der Versuch unternommen wurde, diese 96 Mrd. unbezahlten Arbeitsstunden zu honorieren, hieß es u.a. auch über Mütter, die sich freiwillig dafür entschieden ihre Kinder zu Hause zu erziehen, der Lohn ihrer Arbeit wäre eine „Verdummungs-“, „Fernhalte-“ oder „Herdprämie“.
Wie war das möglich? Wie kam man auf solche frauenverachtenden Spötteleien? Worauf gründete sich die Meinung, dass eine sog. Herdprämie, Mütter von der Berufstätigkeit abhält und damit ein antiquiertes Familienbild fördert?
Dazu gäbe es zwei Dinge zu sagen:
Simone de Beauvoir’s Traumzustand
Simone de Beauvoir, die bahnbrechende Vordenkerin des modernen Feminismus, sagte 1975 im Gespräch mit der amerikanischen Feministin Betty Friedan:
„Keine Frau sollte die Wahl haben, zu Hause zu bleiben, um ihre Kinder zu erziehen. Die Gesellschaft sollte völlig anders sein. Frauen sollten diese Wahl nicht haben, gerade weil, wenn es eine solche Wahl gibt, zu viele Frauen diese Wahl treffen werden.“2
Wie kommt die Frau zu diesem Schluss? De Beauvoir sieht in der Wahl zur Mutterschaft keine freie Entscheidung sondern „das Ergebnis einer Konditionierung“3. Eine Frau könne, sagte sie, gar nicht anders, als sich für Kinder, Küche, Kirche zu entscheiden. „Wenn sie von Geburt an darauf konditioniert wird, Kinder zu bekommen, hat sie mit zwanzig Jahren keine Wahl mehr.“4
Simone de Beauvoir gibt uns hier einen sehr wichtigen Hinweis. Ja, man redet immer von Selbstbestimmung und freier Wahl. Aber ist diese Wahl wirklich so frei? Haben die Frauen wirklich eine freie Wahl Mutter zu sein?
Wir unterstellen den Personen, die diese Argument vortragen einfach mal, dass sie die Frauen nicht mit dem sabbernden pawlowschen Hund gleichsetzen und auf die klassische Konditionierung abzielen. Somit bliebe die operante Konditionierung nach B.F. Skinner.
Ein Beispiel: „Für die Mütter in der DDR ist es ganz alltäglich gewesen, berufstätig zu sein, was nicht nur finanzielle Unabhängigkeit vom Ehemann, sondern in einem Staat, der seinen Identität so sehr auf die ‚sozialistische Arbeit‘ gründete, auch gesellschaftliche Anerkennung verschaffte. Den Frauen wurde es durch eine elternfreundliche Sozialpolitik, zu der als wesentliche Elemente Krippe und Kindergarten gehörten, vergleichsweise leicht gemacht, Erziehungs- und Berufsarbeit miteinander zu verbinden.“5
Das Resultat? Gegen Ende der DDR waren 91% der für den Arbeitsmarkt infrage kommenden Frauen berufstätig. Für 82% aller Kinder unter drei Jahren gab es einen Platz in der Kinderkrippe und nur 6% der Kinder wurden ausschließlich familiär betreut und erzogen.6
Nun zurück zur Theorie: Aus Frauen wurden Mütter. In der ehemaligen DDR wurde nun der Reiz gesetzt, die Kinder in die Krippe und sich selbst auf den Arbeitsmarkt zu begeben. War die Reaktion darauf, dass die Frauen dem nachgingen, erfuhr Frau als positive Konsequenz u.a. soziale Anerkennung und eine Leichtigkeit Erziehungs- und Berufsarbeit miteinander zu verbinden. Diese positive Konsequenz verstärkte den Ausbau und die Inanspruchnahme des Krippenangebots. Soweit die Theorie.
In der Praxis sah es jedoch so aus, dass die Geburtenraten Ende der 60er Jahre deutlich sanken, was von der Regierung als der Versuch der jungen Frauen interpretiert wurde, „sich der trotz Krippe und Kindergarten für sie bestehenden Dreifachbelastung durch Beruf, Kinderziehung und Haushalt zu entziehen, sowie als Manifestation des Wunsches nach persönlicher Verantwortung für die Erziehung der eigenen Kinder verstanden.“7 Das Ergebnis: Nach Einführung von Sozialeistungen seitens des Staates sank die Nachfrage nach Krippenplätzen für Kleinstkinder und die Geburtenzahlen stiegen an.8
Ähnliche Beobachtungen gab es bei der Kibbuz Studie9 in Isreal von Melford Spiro.
Wenn man hier von einer Konditionierung sprechen will, dann wohl eher von einer die weg von der Familie und der Kinderbetreuung zu Hause, führt. Dennoch entscheiden sich bis heute Mütter und Väter für eine familiäre Erziehung.
Deswegen ist es vielleicht gar keine Konditionierung die Frauen zum Mutter-sein veranlasst. Die Frau hatte in der DDR eigentlich den Traumzustand von Simone de Beauvoir. Sie war finanziell unabhängig vom Mann, war auf dem Arbeitsmarkt, es wurde ihr erleichtert, Erziehungs- und Berufsarbeit miteinander zu verbinden und sie war sozial anerkannt in dieser Rolle.
Den Zahlen zufolge wünschte sie sich jedoch mehr Möglichkeiten zur eigenverantwortlichen Erziehung ihrer Kinder. Sobald es ihr finanziell möglich war, tat sie dies auch. Deswegen halten wir, aufgrund des Gesagten, ein Infragestellen der freiwilligen Entscheidung zur Erziehung der eigenen Kinder für Realitätsfern. In der heutigen Zeit, in der das Armutsrisiko mit jedem Kind steigt, sich in Ostdeutschland beim dritten Kind sogar mehr als verdoppelt10, zeugt die Entscheidung für Kinder eher von äußerstem Mut.
Gebildete Frauen sind verdummende Mütter?
Bezüglich den Begriffen „Verdummungs-“ bzw. „Fernhalteprämie“ und den damit verbundenen Argumenten, würden wir gern ein paar Frage stellen: Wir haben die best ausgebildetste Frauengeneration, von der manche jede Einzelne auf dem Arbeitsmarkt sehen wollen weil ihre Fähigkeiten dort unverzichtbar sind. Denen trauen wir sofort zu, dass sie Spitzenmanagerpositionen übernehmen. Aber wir trauen genau diesen Frauen nicht zu ihre eigene Kinder zu erziehen, weil die Kinder sonst verdummen könnten? Warum? Weil die Eltern nicht so gut wie das „Fachpersonal“ ausgebildet sind? Ausgebildet für was? Um ihren Kindern die Mutter-sprache beizubringen?
Von wegen „Herd-“ oder „Verdummungsprämie“! Wir sind unbedingt dafür, dass Familien, Väter und Mütter, mehr finanzielle Unterstützung erhalten. Denn dann hätten sie wirklich eine freie Wahl zwischen Krippe oder einer Erziehung zu Hause. Wir würden Frauen helfen die oft genannten finanziellen Unsicherheiten zu überwinden, sich für ihr Kind und damit gegen eine Abtreibung zu entscheiden.
Damit würden wir Selbstbestimmung ganz groß schreiben. Wir könnten so ein Zeichen setzen, dass wir den Artikel 6 unseres Grundgesetzes wieder ernst nehmen und unsere Kinder von der unglaublichen Last ein Amrutsrisiko zu sein, befreien. Go for it!!!
Quellen:
1: vgl. Familie zwischen Flexibilität und Verlässlichkeit Perspektiven für eine lebenslaufbezogene Familienpolitik Siebter Familienbericht; S. 87; https://www.bmfsfj.de/resource/blob/76276/40b5b103e693dacd4c014648d906aa99/7-familienbericht-data.pdf zuletzt aufgerufen am 09.10.2022
2: Simon de Beauvoir (1975) in Betty Friedan; It changed my Life, writings on the Women’s Movement; 1976; S. 311f.; Hervorheb. d. Autors
3: ebd.; S. 313; Hervorheb. d. Autors
4: ebd.; Hervorheb. d. Autors
5: Franz-Michael Konrad; Der Kindergarten – Seine Geschichte von den Anfängen bis in die Gegenwart; Lambertus-Verlag; 2 überarbeitete und aktualisierte Auflage 2012; S. 210
6: vgl. „Der quantitative Ausbau der Kindergärten erfolgte, verglichen mit westdeutschen Verhätlnissen, überaus rasch. Der Versorgungsgrad wuchs von 37,0 Prozent im Jahre 1955 über 90,6 Prozent im Jahre 1975 auf 97,4 Prozent im Jahre 1989“ Titze 1993 zitiert nach Jürgen Reyer; Einführung in die Geschichte des Kindergartens und der Grundschule: Julius Klinkhardt; 2006; S. 189 sowie: Hein-Elmar Tenorth; Geschichte der Erziehung – Einführung in die Grundzüge ihrer neuzeitlichen Entwicklung; Juventa Verlag Weinheim und München, 5. Auflage 2010; S. 319
7: Franz-Michael Konrad, Der Kindergarten – Seine Geschichte von den Anfängen bis in die Gegenwart; Lambertus-Verlag; 2 überarbeitete und aktualisierte Auflage 2012; S. 210
8: vgl. ebd.; S. 211
9: vgl.: https://www.dijg.de/gender-mainstreaming/spiro-gesellschaft-geschlecht-gleichheit/ und https://www.dijg.de/gender-mainstreaming/geschlechterstereotypen-reformbewegung/
10: https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61791/armutsgefaehrdungsquoten-von-familien/ und https://www.dw.com/de/studie-kinder-sind-armutsrisiko-in-deutschland/a-42475640
Bilder: Frau_sitzt_Turm; Mutter_küsst_Kind; Mutter_Konfetti; Titelbild
Mum
Bei der Debatte im Sächsischen Landtag war der Grundtenor klar:
Nur nicht die Möglichkeit schaffen die Kinder zu Hause zu erziehen.
Was ist mit dem Karriereknick? Gar nicht aufholbar (was nicht stimmt!).
Was ist mit der Rente?
‚Man hätte da ja auch gar nicht die Mittel, all das Spielzeug und die Möglichkeiten.‘
So ein Käse!
Ich war viele Jahre Mutter und Hausfrau.
Geht die Erzieherin mit den Kindern zum Töpfern,
in den Musikunterricht, schaut Bücher an, bastelt, fördert die Allgemeinbildung ……
und das alle ganz individuell, auf das einzelne Kind zugeschnitten?
Das kann sie gar nicht! Es ist unmöglich.
Eine Mutter bekommt ja in der Regel nicht 8-10 Kinder in einem Alter auf einmal.
Jeder weiß das es unschaffbar ist. Und die Kindergärtnerin liebt das Kind nicht bedingungslos
wie eine Mutter. Kinder brauchen aber diese bedingungslose Liebe und Aufmerksamkeit.
Es geht immer wieder ums Geld und die Karriere. Ein zutiefst egoistisches Ziel.
Liebe, Hingabe und Aufopferungsbereitschaft sind aber vermehrende fruchtbringende Tugenden.
Ich opfere meine Wünsche und Ziele für etwas viel Größeres.
Stundenlang könnte ich darüber schreiben.
Bitte versetzen sie sich in die Lage ihrer Kinder.
Möchten sie ihr eigenes Kind sein?