…in: „Unterhalten sich zwei Feministinnen“. Nein, das wird kein Witz, sondern ein Rückblick in die Geschichte des Feminismus. 1975 reiste Betty Friedan nach Paris um Simone de Beauvoir zu treffen. Letztere dürfte wohl allen bekannt sein. Wem dagegen Betty Friedan nichts sagt, dem empfehlen wir die Umleitung über „Wie die sexuelle Revolution den Feminismus kidnappte„. Und damit herzlich willkommen im Herzen des modernen Feminismus.
[Der Text stammt aus: Simon de Beauvoir (1975) in Betty Friedan; It changed my Life, writings on the Women’s Movement; 1976; S. 304-316. Wir setzen ein paar Hervorhebungen und in eckigen Klammern ein paar kleine Anmerkungen. Viel Spaß beim diesem aufschlussreichen Dialog.]
Prolog – Anders als erwartet.
Betty Friedan schreibt in ihrem Buch ein paar einleitende Worte, bevor sie das Gespräch mit Simone de Beauvoir wiedergibt:
Ich „verspürte […] den Nervenkitzel, einen kulturellen Helden persönlich zu treffen – eine intellektuelle Heldin unserer Geschichte. Und nach dem liebenswürdigen Anfang bot sie, fast flüchtig, die Autorität, die ich zu finden glaubte. Aber die Autorität, mit der sie über Frauen sprach, schien mir steril, kalt, eine Abstraktion, die zu wenig Bezug zu ihrem wirklichen Leben hatte. Ich kam mir fast wie eine Närrin vor, die sich mit den alltäglichen Fragen herumschlägt, mit denen sich Frauen in ihrem persönlichen Leben und in der Bewegungsstrategie auseinandersetzen müssen. Diese Fragen schienen sie überhaupt nicht zu interessieren. Irgendwie schien sie sich nicht mit den gewöhnlichen Frauen zu identifizieren, die versuchen, etwas Neues aus sich zu machen, oder sich in irgendeiner Weise mit ihren alltäglichen Problemen verbunden zu fühlen. Und doch sprach sie die modischen radikalen Phrasen, lehnte ‚Elitismus‘ ab und erhob zusammenfassend die anonyme ‚Arbeiterfrau‘.“1
Außerdem sagte de Beauvoir, so Friedan weiter: „Die Bequemlichkeit der Familie, die Einrichtung des eigenen Heims, die Mode, die Ehe, die Mutterschaft – all das sei der Feind der Frauen […]. Es geht nicht einmal darum, den Frauen eine Wahl zu lassen – alles, was sie ermutigt, Mutter werden zu wollen oder ihnen diese Wahl lässt, ist falsch. Die Familie muss abgeschafft werden, sagte sie mit absoluter Autorität. Wie wollen wir dann die menschliche Rasse fortführen? Es gibt bereits zu viele Menschen, sagte [Simone de Beauvoir]. Soll ich [Friedan] das ernst nehmen?„2
Diese Einleitung lassen wir mal unkommentiert so stehen. Das Wichtigste haben wir ja hervorgehoben.
Treffen sich zwei Feministinnen
[Wir steigen gleich mitten im Gespräch ein, weil hier ein paar der wichtigsten Aussagen fallen.]3
Friedan: Aber sind Sie nicht auch der Meinung, dass, solange Frauen im Haushalt arbeiten, vor allem wenn sie kleine Kinder haben, diese Arbeit entlohnt werden sollte?
de Beauvoir: Warum Frauen? Das ist die Frage! Sollte man meinen, dass die Frauen dazu verdammt sind, zu Hause zu bleiben?
Friedan: Ich denke nicht, dass sie das müssten. Die Kinder sollten gleichberechtigt von beiden Elternteilen – und der Gesellschaft – betreut werden, aber heute haben sehr viele Frauen nur im Haushalt gearbeitet, als ihre Kinder aufwuchsen, und diese Arbeit wurde nicht einmal mit dem Mindestlohn für die Zwecke der Sozialversicherung, der Renten und der Aufteilung des Eigentums bewertet. Es könnte ein Gutscheinsystem geben, mit dem eine Frau, die sich dafür entscheidet, ihren Beruf oder ihre Ausbildung fortzusetzen und kleine Kinder zu haben, für die Kinderbetreuung bezahlen könnte. Wenn sie sich jedoch dafür entscheidet, ihre eigenen Kinder in Vollzeit zu betreuen, würde sie das Geld selbst verdienen.
de Beauvoir: Nein, wir sind nicht der Meinung, dass jede Frau diese Wahl haben sollte. Keine Frau sollte die Wahl haben zu Hause zu bleiben, um ihre Kinder zu erziehen. Die Gesellschaft sollte völlig anders sein. [An was für eine sie da wohl denkt?] Frauen sollten diese Wahl nicht haben, gerade weil, wenn es eine solche Wahl gibt, zu viele Frauen diese Wahl treffen werden. Auf diese Weise werden die Frauen in eine bestimmte Richtung gezwungen.
Friedan: Ich kann das Argument nachvollziehen, aber politisch bin ich im Moment nicht damit einverstanden. Tatsache ist, dass wir in den Vereinigten Staaten kaum Kinderbetreuungseinrichtungen haben. Wir kämpfen für sie, aber in Amerika gibt es eine solche Tradition der individuellen Freiheit, dass ich niemals sagen würde, dass jede Frau ihr Kind in eine Kinderbetreuungseinrichtung geben muss.
de Beauvoir: Aber so sehen wir das nicht. Wir sehen es als Teil einer globalen Reform der Gesellschaft, die die alte Trennung zwischen Mann und Frau, Haus und Außenwelt nicht akzeptiert. Wir sind der Meinung, dass jeder Einzelne, sowohl die Frau als auch der Mann, draußen arbeiten und die Möglichkeit haben sollte, entweder durch gemeinschaftliches Wohnen, Kollektive oder eine andere Art der Organisation der Familie, die Probleme der Kinderbetreuung zu lösen. Man sollte nicht das gleiche System von Kinderkrippen beibehalten, sondern das System so verändern, daß die Wahlmöglichkeiten anders sind. Etwas in dieser Richtung wird in China ausprobiert [Diese 1975 getätigte Aussage birgt eine große Brisanz. Dieses „ausprobieren“ in China, mündet 1980 in die Ein-Kind-Politik für die das Land bereits 1983 den ersten Bevölkerungspreis der UN erhält. Was habt ihr denn mit China, Sarah Diehl?]. Zum Beispiel kämen an einem bestimmten Tag alle in der Gemeinde – Männer, Frauen und Kinder, soweit sie dazu in der Lage sind – zusammen, um Socken zu waschen oder zu stopfen, auch die Ehemänner. Frauen zu ermutigen, zu Hause zu bleiben, wird die Gesellschaft nicht verändern.
Friedan: Ich würde eher an eine pluralistische Situation mit echten Optionen denken. Ich denke, dass der Sinn für die individuelle Familie und die Werte der Mutterschaft so stark in den Menschen verankert sind, dass ich keinen brauchbaren oder gar wertvollen politischen Versuch sehe, sie auszulöschen. Wenn die Menschen sich für einen gemeinschaftlichen Lebensstil entscheiden, wie Sie ihn beschrieben haben, sollte ihnen diese Möglichkeit offen stehen. Aber ich würde mir wünschen, dass in der Gesellschaft neue Institutionen geschaffen werden, damit Männer und Frauen, die sich für einen Lebensstil in einer Kernfamilie entscheiden, von den starren Geschlechterrollen befreit werden können, in die wir in Bezug auf Hausarbeit, Kinderbetreuung usw. eingesperrt sind. Und diejenigen, die in den konventionellen Rollen bleiben wollen, sollten diese Möglichkeit haben. Das Problem ist, dass es keine anderen Optionen gibt.
de Beauvoir: Solange die Familie und der Mythos der Familie und der Mythos der Mutterschaft und des Mutterinstinkts nicht zerstört sind, werden meiner Meinung nach die Frauen weiterhin unterdrückt werden.
Friedan: Nun, ich glaube, hier sind wir unterschiedlicher Meinung. Ich denke, dass die Mutterschaft mehr als ein Mythos ist, auch wenn ihr eine Art falsche Heiligkeit beigemessen wird.
de Beauvoir: Sobald ein Mädchen geboren ist, wird ihr die Berufung der Mutterschaft übertragen, weil die Gesellschaft eigentlich will, dass sie Geschirr spült, was keine wirkliche Berufung ist. Um sie dazu zu bringen, das Geschirr zu waschen, wird ihr die Berufung der Mutterschaft gegeben. Der Mutterinstinkt wird in einem kleinen Mädchen durch die Art und Weise, wie es zum Spielen gebracht wird, aufgebaut. Solange dieser nicht zerstört wird, hat sie nichts gewonnen. Meiner Meinung nach sind die Abtreibungskampagnen als solche für Nichts anders nützlich als die Idee der Frau als Reproduktionsmaschine zu zerstören. [Hier spricht de Beauvoir mit ‚Engels Zunge‚.]
Friedan: Sie sind also der Meinung, dass Frauen keine Mütter sein sollten?
de Beauvoir: Nein, das sage ich nicht, aber da Sie von Wahlmöglichkeiten sprechen, sollte ein Mädchen nicht von Kindesbeinen an darauf konditioniert werden, eine Mutter sein zu wollen. Ich sage auch nicht, dass Männer keine Väter sein sollten, aber ich denke, dass es eine Wahl sein sollte und nicht das Ergebnis einer Konditionierung. [Bezüglich Konditionierung: “Frauen sollten diese Wahl nicht haben!”]
Friedan: Ich stimme mit Ihnen überein, dass es eine Entscheidung sein sollte und dass Frauen die Wahl haben sollten, wann sie Kinder bekommen, wenn sie sich dafür entscheiden. Wir versuchen, die Gesellschaft so zu verändern, dass Frauen, die zufällig die Gebärenden sind, vollwertige Menschen in der Gesellschaft sein können. Es muss ein ganz neuer Ansatz für die Kindererziehung geschaffen werden – nicht nur die Mutter, sondern die Mutter, der Vater, die Gesellschaft als Ganzes, die kommunale Situation, wenn Sie so wollen, und die Kindertagesstätte und so weiter. Dann glaube ich, dass viele Frauen mit mehr Freude und Verantwortungsbewusstsein Kinder haben wollen. Ich glaube, dass Mutterschaft ein guter Wert im Leben ist. Ich fand es so; ich denke, viele Frauen haben…
de Beauvoir: Warum die Mutterschaft mit der Hausarbeit verknüpfen? Auf diese Weise wird die Hausarbeit durch eine Art Trunk – die Mutterschaft – gefördert. Nein, wir sind uns nicht einig, denn Sie sprechen sich für eine Entlohnung der Hausarbeit aus, während ich der Meinung bin, dass die Frauen von der Hausarbeit befreit werden sollten. In welchem Alter sollte man einem Mädchen die Wahl lassen? Wenn sie von Geburt an darauf konditioniert wird, Kinder zu bekommen, hat sie mit zwanzig Jahren keine Wahl mehr.
Friedan: Sie sollte andere Möglichkeiten haben, aber schließen Sie das nicht als mögliche Wahl aus. Als Sie Ihren Doktortitel erhielten, waren Sie eine außergewöhnliche Frau; Sie waren die einzige Frau in einem intellektuellen Kreis. Heute ist die Gesellschaft ein wenig anders. Ist es möglich, dass in Ihrer Generation die Mutterschaft so stark als etwas angesehen wurde, das eine Frau daran hindert, ihre Fähigkeiten in der Wissenschaft wirklich zu nutzen, dass es notwendig schien, eine Entscheidung zwischen dem einen oder dem anderen zu treffen?
de Beauvoir: Ich dachte, ich könnte keine Kinder haben, weil ich schreiben wollte. Aber wir kommen vom Thema ab. Ich denke, wenn Hausarbeit bezahlt wird, ist das eine Art, die Segregation und die Struktur zu akzeptieren, die Frauen durch die Mutterschaft zur Hausarbeit verdammt. Dagegen bin ich absolut.
Friedan: Sie würden der Arbeit der Frauen keinen Wert beimessen?
de Beauvoir: Ich denke, dass der Wert so groß ist, dass er von den Männern geteilt werden sollte – von allen – und dass Frauen nicht dazu gezwungen werden sollten, dies zu tun.
Friedan: Dem stimme ich zu…
Fortsetzung folgt…
…Simone de Beauvoir’s Gedanken haben großen Zuspruch im Feminismus gefunden. So steril, kalt, abgehoben und realitätsfern sie auch sein mögen. Scheinbar ist Frauenbefreiung nicht für alle Frauen gedacht. Die Frauen, die ihre Kinder zu Hause erziehen wollen, Frauen, die überhaupt Kinder bekommen wollen, gelten scheinbar, obwohl sie selber Frauen sind, als Feinde der Revolution. Ist das dann aber immer noch Feminismus? Ist man da immer noch für die Frauen? Vielleicht kann uns das ja mal jemand erklären.
Quellen:
1: Simon de Beauvoir (1975) in Betty Friedan; It changed my Life, writings on the Women’s Movement; 1976; S. 305; Hervorheb. d. Autors
2: ebd.; S. 305f.
3: ebd.; S. 311-313; Hervorheb. d. Autors
Titelbild; Frau_unverständnis; Frau_greift_sich_Kopf; Frau_quetscht_Gesicht
Mit Sicherheit nicht, um auf die Frage zu antworten.
Es gibt auch Frauen, mich eingeschlossen, die wirklich gerne Mütter und Hausfrauen sind. Was ist mein ‚unbezahlter‘ Job doch herausfordernd und spannend gewesen. Ich war mein eigener Chef, konnte mir den Tag selber einteilen, habe mit den Kindern viele Dinge zum ersten Mal erlebt wie: einem Kind sprechen … laufen … sauber werden … rechnen … Fahrrad fahren … Auto fahren … Ski fahren … schwimmen … und vieles mehr LERNEN; an Röteln, Ringelröteln und Windpocken zu erkranken, Töpfern, Basteln, Tanzen, alle Autotypen kennen, mit Basketball sich auskennen, jeden Formel 1 -Fahrer kennen und Wetten abgeben, Kinderpartys organisieren mit kreativen Schatzsuchen; und immer wieder von den Kindern lernen usw .
Die Liste wäre vollständig ewig lang.
Dabei von einem Mann umsorgt sein der für den Unterhalt sorgt. Ihm dafür etwas leckeres kochen und ihm eine Ratgeberin und Gehilfin sein. Das soll erniedrigend sein? Oder langweilig?
Was ist falsch an dieser Rolle?
Im Vergleich dazu fallen die Berufe nicht spannender aus. Stimmts?
Übrigens: ich war immer der Meinung das mein Mann den schwereren Job hat.
Eine Familie im Hintergrund zu haben wenns ‚brennt‘ ist die allerbeste und die einzig wahre ‚Familienhilfe‘.
Zu den erwachsenen Kindern aufzusehen und die Enkelkinder mitzuerleben ist wahres Glück und unbezahlbarer Lohn.