Oder für diejenigen von uns, die mal so richtig
abnerden wollen: Cogito ergo sum
Heute schwingen wir mal die ganze große Philosophen-Keule.
Aber keine Angst wir drehen nicht ab, das ganze hat seine Berechtigung.
Der Satz „Ich denke, also bin ich“ wurde von Rene Descartes geprägt.
Nicht nur das, sondern er war damit der Vorreiter für den…
Leib-Seele-Dualismus
Hää? Im 17. Jhd. kam Descartes durch angestrengtes Nachdenken
zu der Schlussfolgerung, dass man eigentlich nichts weiß. Naja zumindest nicht sicher.
Man müsste eher alles in Zweifel ziehen, ob dieser oder jener Gedanke nun wirklich von mir
oder von jemand anderen, und damit von außen, stammt. Was man wirklich wissen kann, ist,
dass man alles hinterfragt, zweifelt. Letztendlich, dass man denkt. Das war wenigstens sicher.
Und da man denkt, ist, also existiert man. Also allein weil man denkt existiert man. Körper?
„Brauch ich nicht…!“ Danke René.
Tut’s schon weh im Kopf?
Descartes baute damit in gewisser Weise ein Haus, mit zwei Stockwerken.
„In der oberen Etage platzierte Descartes den menschlichen Geist, das Reich des Denkens,
der Wahrnehmung, des Bewusstseins, des Gefühls und des Willens. In seinen Worten ausgedrückt
ist der Verstand eine ‚mit dieser Maschine vereinte rationale Seele‘. Der kartesische Dualismus wurde
etwas respektlos ‚der Geist in der Maschine‘ genannt.“ (Pearcey, 2018, S. 72)
Mit seinem Satz „Ich denke, also bin ich“ verortet er die eigentliche menschliche Identität im Kopf.
Also allein in unserem Denken. Nur unsere Fähigkeit zu denken mache uns zu existieren/seienden Menschen.
Die Folgen
„Daraus folgt, dass der Körper kein Aspekt des wahren Selbst ist, sondern ein Mechanismus, der
den Bedürfnissen und Wünschen des Geistes dient […]. Der Philosoph Daniel Dennet erklärt:
‚Seit Descartes im 17. Jahrundert haben wir die Vorstellung vom Selbst als einer Art immateriellem Geist,
der einen Körper besitzt und steuert, wie man ein Auto besitzt und steuert'“ (ebd., S.73)
Klingt irgendwie vertraut, oder?
Dennet sagt dazu, dass er mit dieser Theorie nicht einverstanden sei,
aber beobachtet, dass die meisten Menschen in der westlichen Welt genau so denken.
Der Reiz an dieser Theorie
Descartes Dualismus, der sich aus seinem „Cogito ergo Sum“ ergab, erhielt von vielen Philosophen ein „Like“.
Worin der Reiz bestand? „Für Wissenschaftler lag er darin, dass seine mechanistische Philosophie die menschliche
Kontrolle über die Natur zu rechtfertigen schien. Wenn die Natur eine Maschine ist, dann müssen wir nur
ihre Gesetze entdecken, um sie zu beherrschen und zu manipulieren. Descartes selbst sagte, er hoffe, die Menschen
zu befähigen, ‚Herren und Besitzer der Natur‘ zu werden. Der menschliche Wille wurde den blinden, mechanischen
Wirkungsweisen der Natur entgegengestellt, um ihr zu entreißen, was wir brauchen. Die kartesische Verheißung
versprach Unabhängigkeit des Geistes vom Körper und seinen Einschränkungen.“ (Pearcey, 2018, S. 74f.)
Ich denke also bin ich – nicht abgetrieben
Seit Descartes zählt der Verstand alles. Er ist das eigentliche Selbst.
Das ist der Teil von uns der denkt und sagen kann: „Also bin ich.“
„Der Körper wurde auf das Sub-Personale reduziert, ausschließlich auf die Ebene der Biologie und Chemie.
Auf dieser Ebene, darin sind sich heute praktisch alle einig, ist das Baby in der Gebärmutter menschlich –
biologisch, physiologisch, genetisch. […] So gut wie kein professioneller Bioethiker bestreitet, dass das
Leben mit der Empfängnis beginnt.“ In der Haus-Etagen-Metapher gilt jedoch: „Wenn wir vom Fötus
als biologisch menschlich, sprechen, befinden wir uns im Erdgeschoss, dem Raum der Wissenschaft,
wo der Körper zur unverständigen Maschine erklärt wurde, die benutzt und ausgebeutet werden kann,
wie der Rest der Natur. Er ist nur ein Einwegartikel.
Dies erklärt, warum das biologische Menschsein keinen moralischen Status oder Rechtsschutz mehr gewährt.
Menschlich zu sein, ist nicht mehr gleichbedeutend damit, eine Person zu sein.“ (ebd., S. 76)
Die Kernfrage der Abtreibung
„Die Kernfrage der Abtreibung ist daher der Status des menschlichen Körpers.
Ist der menschliche Körper ein integraler Bestandteil der Person?
Und hat er Anteil an ihrer Würde?
Oder ist er für die Person ein Fremdkörper, ein Stück Materie,
das wir wie ein Auto steuern und manipulieren können?“
(ebd., S. 76)
Auswirkungen für Hier und Heute
Wir müssen diese Theorie nicht mal bewusst übernehmen.
Beim Thema Abtreibung wird sie Hier und Heute einfach zur Richtlinie.
Denn um Abtreibung zu befürworten, „müssen wir logischerweise
die Entscheidung getroffen haben, dass menschliches Leben in seinen
frühesten Phasen keinen wirklichen Wert hat – oder zumindest nur einen so
geringen, dass es aus jeglichem Grund getötet werden darf. Ferner müssen wir
entschieden haben, dass es zu einem späteren Zeitpunkt in eine
andere Art von Wesen von so hohem Wert transformiert wird, dass
seine Tötung Mord ist.“ (ebd., S. 76)
Descartes tanzt auf allen Hochzeiten
Descartes Körper-Seele-Dualismus hatte nicht nur Auswirkung
auf die heutige Abtreibungsdiskussion. Dieser Gedanke,
dass der Geist die Natur, also den Körper in allen Bereichen
beherrscht ist u.a. auch zur Grundlage von Homosexualität,
Transsexualität, Freundschaft Plus und Strebehilfe geworden.
Nachtrag vom 31.02.2022:
Quellen:
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+ Pearcey Nancy, Liebe deinen Körper, Betanien Verlag, 1. Auflage, 2019
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