Das Thema ist heikel, trotzdem wichtig. Wir wissen um die Brisanz. Den Sprengstoff, den es in sich birgt. Wir wollen es in seiner Tiefe heute auch nicht beleuchten. Wir wollen anhand der Publizistin, Autorin, Kulturwissenschaftlerin und Dokumentarfilmemacherin Sarah Diehl nur beispielhaft zeigen wie man das Thema „(Un)sichere Abtreibung“ (miss)verstehen kann.
In Ulrika Busch’s „Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte. Nationale und internationale Perspektiven“1 schreibt Sarah Diehl in ihrem Beitrag folgendes:
„Das Problem unsicherer Abtreibungen wird von vielen Staaten insofern als handlungsrelevant anerkannt, da sie Klauseln haben, dass Frauen bei Komplikation auf grund unsicherer Abtreibung in Kliniken geholfen werden soll. Damit wird unausgesprochen akzeptiert, dass es einen Bedarf an Schwangerschaftsabbrüchen gibt und dass sie tatsächlich in relevanten Zahlen vorkommen. Dennoch ist die Praxis so, dass die Frauen mit dem Problem allein gelassen werden und es in der Illegalität selber regeln müssen – ein untragbarer Zustand im Kontext der Verpflichtung zum Recht auf reproduktive und sexuelle Gesundheit.“2
Dass Frauen in ihrer Entscheidung nicht allein gelassen werden sollten, da hat wir Frau Diehl vollkommen Recht. Weiter schreibt sie:
„Weltweit finden 48 Prozent aller Abtreibungen unter medizinisch unsicheren Umständen statt. Das betrifft somit etwa 20 Millionen Frauen. Mehr als 95 Prozent aller Abtreibungen in Afrika and Lateinamerika und etwa 60 Prozent aller Abtreibungen in Asien, mit Ausnahme von China sind unsicher.“3
Kurz gefasst: Sarah Diehl sagt damit, dass die Abtreibungen in China sicher sind!
Der blinde Fleck
„Wenn Feministinnen und Aktivistinnen für rerproduktive Rechte heute das Thema Abtreibung aufs Tapet bringen, dann gewöhnlich, um herauszustelle, wie viele Frauen in Ländern, wo der Schwangerschaftsbbruch illegal ist, durch verpfuschte Eingriffe ums Leben kommen. Sie reden nicht darüber, dass Abtreibung für dunkle Zwecke eingesetzt wird. Sie reden nicht darüber, wie stark sich das kulturelle Umfeld der Abtreibung in Asien verndert hat, wie stark das ungezügelte Um-sich-Greifen der Prozedur sogar die Ärzte, die durchführen, beunruhigt. Und schon gar nicht geben sie preis, dass die Zahl der geschlechtselektiven Abtreibungen die Opfezahl der von Engelmachern weit übertrifft.“4 #Genderzid
Sarah Diehl hat eine verkürzte Sicht und vertritt lediglich einen „gut gemeinten“ Feminismus. In Asien versteht man Abtreibung als durchschlagende Methode der Bevölkerungskontrolle. Da bringt es nichts sich allein für die Liberalisierung der Gesetze einzustetzen. Dort bedeute legae Abtreibung einfach mehr Abtreibung.
Whasoon Byun, Sozialforscherin am Korean Women’s Development Institute, erklärte gegenüber Mara Hvistendahl, der Autorin von „Das Verschwinden der Frauen“5: „Das Instrument der Familienplnaung ist der weibliche Körper. Also bedienen wir uns anstelle der Pille der Abtreibung.“6
Das Beispiel China
Diehl sprach China als Land, in dem sichere Abtreibungen durchgeführt werden, an. China führt als ganzes Land Anfang der 1980er die Ein-Kind-Politik ein: „Ein zweites oder sogar noch weiteres Kind ist ab sofort nicht mehr erlaubt. […] Diese Ein-Kind-Verordnung tritt ab heute in Kraft. Wir alle müssen aus vollem Herzen die neue Politik […] unterstützen! Ich möchte, daß alle Frauen im gebärfähigen Alter eine Ein-Kind-Politik unterzeichnen.“7
Chi An, eine Chinesin, die zu der Zeit Teil des medizinischen Personals war, berichtete folgendes:
„Am Ende meiner Asubildungszeit mußte ich lernen, bei Schwangerschaftsabbrüchen im Spätstadium zu assistieren. Nach den Krankenhausvorschriften durften solche Abtreibungen im fünften Schwangerschaftsmonat oder darüber nur von Ärzten vorgenommen werden. Hier gab es allgemien mehrere Methoden. Doktor Wand, dem ich mehrmals assistierte, wandte die Abtreibungsmethode, die als die für Frauen sicherste Methode galt. Dabei wurde eine dehnbare Gummiblase in die Gebärmutter eingeführt, die dann mit sterilisiertem Wasser gefüllt wurde. Der zusätzliche Druck auf die Gebärmutter führte im allgemeinen binnnen ein oder zwei Stunden zu Wehen, und das Baby wurde dann kurze Zeit später ausgesoßen. Der größte Nachteil dieser Methode, soweit es uns vom Krankenhauspersonal anging, war der, daß das Baby meist lebend zur Welt kam. Selbst die Babys, die erst dreißig Wochen alt waren, lebten noch einige Stunden lang, nachdem man sie in einem im Operationssaal aufgestellten Abfallbehälter geworfen hatte. […]
Nicht so Doktor Yin. Seine bevorzugten ‚Techniken‘ brachten solche lästigen Begleiterscheinungen nicht mit sich. Erst leitete er vorzeitige Wehen ein, Wenn dann der Gebärmutterkanal genügend geweitet und der Scheitel des Babys sichtbar war, injizierte er durh die Fontanelle reines Formaldehyd ins Gehirn des Babys. So wurde das Baby eine Totgeburt. In Fällen, in denen sich der Muttermund nicht genügend weitete, griff er mit der Geburtszange ein, zerquetschte den SChädel des Babys und zog es Stück für Stück heraus. Sogar diese Methode wurde von der Oberschwester noch als human erachtet, die von Krankenhäusern auf dem Land berihtete, wo die Babys in kochendes Wasser geworfen oder in luftdichte Gefäße gesteckt und erstickt wurden. ‚Solange man das Baby noch im Mutterleib tötet‘ erklärte sie mir, ‚ist es eine legale Abtreibung. Wenn es erst einmal geboren ist, dann ist es Mord.“8
Sicher ist sicher. Stimmt’s Sarah Diehl?
Quellen:
1: Ulrike Busch (Hrsg.): Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte. Nationale und internationale Perspektiven ; Nomos Verlagsgesellschaft; Baden-Baden; 2010
2: ebd. S. 68
3: ebd.; Hervorhebungen d. Autors
4: Mara Hvistendahl; Das Verschwinden der Frauen – selektive Geburtenkontrolle und die Folgen; 2011; Deutsche Erstausgabe 2013; Deutscher Taschenbuch Verlag; S. 228
5: siehe Fn. 4
6: ebd.; S. 224
7: Chi An – Stove Mosher; Das zerrissene Herz, Der dramatische Kampf einer Mutter um ihr Recht auf ein Kind; Goldmann Verlag; 1994; S. 269
8: ebd.; S. 317f.
Bilder: Titelbild; Baby; China_Tempel; China_Straße
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