Meine Damen und Herren bitte schnallen Sie sich an. Aus lebensrechtlicher Sicht werden wir wohl bald wieder ein paar Turbulenzen haben. Um Sie, liebe Passagiere, auf etwaige ruckartige Wende- bzw. Täuschungsmanöver vorzubereiten, möchten wir Ihnen ein sprachliches Phänomen, das Ihnen definitv begegnen wird, etwas näher bringen.
Euphemismus – was ist das?
Man könnte sagen, dass etwas suboptimal gelaufen ist wenn wir aus unserem Amt abdanken. Jemand über den Jordan gehen, ins Jenseits befördern oder ins Gras beißen, lassen wir meistens jemanden, der, nach der Aktion eigentlich tot ist. Aber, unter uns gesagt, jemanden töten klingt einfach nicht soo angenehm, oder?
Die genannten sind alles Beispiele für Euphemismen. Das Wort Euphemismus stammt vom griechischen ‚euphemein‘ ab. Das meint „Worte guter Vordeutung gebrauchen“. Euphemismen sind eine uneigentliche Redeweise, sie sind eine verhüllende Umschreibung. Wer Euphemismen verwendet, „will jeden Affekt vermeiden und weicht dem Ausdruck jedes stärkeren Gefühl aus: daher der allgemeine abstrakte, bloß andeutende Charakter, der meistenteils dem euphemistischen Ausdruck eigen ist.“ Im Euphemismus greift man zu einem milden, vagen oder umschreibenden Ausdruck als Ersatz für eine unhöfliche Deutlichkeit bzw. unangenehme oder verletzende Wahrheiten. Dieser Sprachgebrauch verhüllt anstößige oder unheilbringende Bereiche durch Worte, die diese Eindrücke vermeiden.1
Euphemismen werden in der politischen Sprache eigentlich fast immer verwendet. Schon im dritten Reich war man fasziniert von der „Endlösung“. Ungeschönt versteckte sich hinter dem Begriff aber der Plan zur Vernichtung einer ganzen Rasse.
…eine Schwangerschaft zu unterbrechen
In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) gab es das „Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft“.2 Artikel 1 dieses Gesetzes besagte, dass „der Frau zusätzlich zu den bestehenden Möglichkeiten der Empfängnisverhütung das Recht übertragen [wird], über die Unterbrechung einer Schwangerschaft in eigener Verantwortung zu entscheiden“3
Das ist ein Euphemismus der Extraklasse. Nicht nur, dass die Empfägnisverhütung um die Abtreibung erweitert wird und man so „Anzahl, des Zeitpunktes und der zeitlichen Aufeinanderfolge von Geburten“4 besser planen kann, sondern plötzlich konnte man in der DDR eine Schwangerschaft auch unterbrechen.
Denkt ihr bei „Unterbrechen“ nicht auch daran, dass man den Vorgang später „weiterführen“ könnte? Aber eigenlich verhüllt das Wort „unterbrechen“ den anstößigen und unheilbringenden Bereich des Todes. Das Kind stirbt bei dieser sog. Unterbrechung. Ein einzigartiger Mensch ist dann für immer weg. Es gibt für das Leben keine Pausetaste. Ab der Zeugung ist unser Leben, ob wir das wollen oder nicht, auf „Play“.
Das DDR Gesetz wurde nach der deutschen Wiedervereinigung aufgehoben. Aber am 13. Mai. 2022 griff der amtierende Justiziminster Marco Buschmann in seiner Rede „zur Aufhebung des Werbeverbots für den Schwangerschaftsabbruch (§ 219a StGB) vor dem Deutschen Bundestag„5 auf diesen biologisch falschen und irreführenden Euphemismus zurück:
„Das, worum es heute eigentlich geht, kann man an der Lebenswirklichkeit erkennen. Stellen Sie sich dazu bitte eine junge Frau vor, die schwanger ist und die in Erwägung zieht, diese Schwangerschaft zu unterbrechen. Da stellen sich sehr schwierige Fragen, und es gibt im Regelfall ein großes Bedürfnis nach Orientierung, nach Information.“6
Prof. Dr. Knoepffler von der Universität Jena wurde in ‚Tabu Abtreibung‚ von Renate Günther-Greene so zitiert:
„Eine Verharmlosung [in unserm Fall ein Euphemismus] ist immer dann gefährlich, wenn jemand auf einmal merkt, er hat etwas getan unter Voraussetzungen, die gar nicht stimmen.“7
In unserem Fall: Eine Schwangerschaft wird unterbrochen und das Kind ist jetzt ununterbrochen tot.
Heinrich Ottinger schrieb im Kaleb Rundbrief „Klare Worte gefragt“ (2020), zum Thema „Euphemismus“ folgendes:
„Verharmlosungen und Beschönigungen [Euphemismen] sind vor allem dann ein menschliches Bedürfnis und geradezu erforderlich, wenn problematisches oder gar eindeutig verwerfliches Handeln relativiert, evtl. gar gerechtfertigt werden soll. Und je größer der zugrundeliegende Tabubruch oder das Vergehen ist, um so mehr wächst auch das Verharmlosungsbedürfnis. Dieses ist konsequenterweise am größten, wenn es um den Bruch des Tötungstabus geht, welches tatsächlich religions- und kulturübergreifend ist.“8 Das führt uns zu:
Lebensrechtlich relevante Euphemismen
Die im Bezug auf Abtreibung „verwendeten Begriffe zielen ausnahmslos alle auf Entmenschlichung ab – was man nur als ebenso logisch wie notwendig betrachten muss: Denn wenn man nicht die Beteiligung an einem Tötungsgeschehen eingestehen will, was quer durch alle Religionen und Kulturen als absoluter Tabubruch gilt – was bleibt dann noch übrig? Doch nur noch eins: die sprachliche Relativierung. Mit semantischen Tricks und Umdefinitionen bis ins Absurde drückt man sich um die Vokabel ‚töten'“, so Ottinger.9
Im Folgenden wollen wir ein paar gebräuchliche, oft zitierte Euphemismen nennen. Die unverhüllten, eigentlichen Begriffe stehen dann hinter dem =.
- Ungeborenes Leben = Ungeborenes Kind
- Werdendes Leben = Der Mensch ist Mensch von Anfang an. Er wird nicht, sondern er ist.
- Werdende Mutter oder werdender Vater = Mutter ist die schwangere Frau, Erzeuger und Vater ist der Mann ab der Zeugung.
- Schwangerschaftsunterbrechung bzw. Schw.-Abbruch; Absaugen von Schwangerschaftsgewebe; Entfernung von Gebärmutterinhalt; Menstruationsregulierung = Das ungeborene Kind töten, vorgeburtliche Kindstötung
- Schwangerschaftsgewebe, Empfängnisprodukt, Gebärmutterinhalt, Zellklumpen = Kind im Mutterleib, ungeborener Mensch
- Selbstbestimmung der Frau = die äußeren Umstände zwingen sie zur Entscheidung gegen das Kind; Fremdbestimmung über das Kind
- Pro Familia = angesichts ihres Gründers10 und der Agenda einer „Familienplanung“ meint es wohl eher Contra Familia
- Familienplanung = Bevölkerungskontrolle im Sinne einer Reduktion angesichts der Überbevölkerung11
- reproduktive Rechte = Bevölkerungskontrolle12
- Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte = Bevölkerungskontrolle, Abtreibung13
P.S. Vielleicht die zwei noch zum Abschluss:
- Content Creator – Pornodarsteller14
- MAPs (Minor attracted Person) – Mensch mit pädophiler Neigung15
Wir hoffen, dass wir euch ein bisschen für Euphemismen sensibilisieren konnten. Vielleicht fallen euch bei den nächsten Reden, Vorträgen oder Podcasts zum Thema Abtreibung noch weitere solcher Begriffe auf. Denn die Liste ist keinesfalls vollständig und darf von euch gern in den Kommentaren erweitert werden.
Quellen: zuletzt aufgerufen am 10.03.2023
1: Siehe Dr. Elisabeth Leinfellner, Der Eupehmismus in der politischen Sprache, Beiträge zur Politischen Wissenschaft Band 13, Duncker & Humboldt / Berlin, 1971, S. 20; Dr. Leinfellner zitiert auf S. 20 mehrere weitere Autoren um eine breite Definition des Euphemismus anzubieten. Die Autoren, die sie zitiert und die im oben beschriebenen Text ebenfalls Bruchstückhaft bzw. Ansatzweise zitiert wurden sind folgende: Wilpert, G.v.: Sachwörterbuch der Literatur, Stuttgart 1964 (4. Auflage), S. 192, Sp. 2; Seidler, H.: Euphemismus in Kayser, W.H. Rüdiger und E.Kopen (Hrsg.): Kleines literarisches Lexikon, Bern – München, 1966 (4. Auflage), S. 177; Nicholson, M.: A Dictionary of American-English Usage based in Fowler’s Modern English Usage, New York, N.Y. 1957, S. 167, Sp. 2; Webster, Morehead, A. und L. (Hrsg.) The New American Webster Handy College Dictionary, New York, N.Y. 1960, S. 164, Sp. 2; Wellander, E.: Studien zum Bedeutungswandel im Deutschen, Uppsala 1917, S. 190
2: Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft vom 9. März 1972, https://www.verfassungen.de/ddr/schwangerschaftsunterbrechung72.htm
3: ebd.
4: ebd.
5: Rede des Bundesministers der Justiz, Dr. Marco Buschmann, zur Aufhebung des Werbeverbots für den Schwangerschaftsabbruch (§ 219a StGB) vor dem Deutschen Bundestag am 13. Mai 2022 in Berlin: https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/rede-des-bundesministers-der-justiz-dr-marco-buschmann–2040022
6: ebd.
7: Prof. Dr. Knoepffler zitiert nach Renate Günther-Greene, Tabu Abtreibung, Ellert & Richter Verlag, S. 27
8: Heinrich Ottinger, Rundbrief Kaleb e.V. „Klare Worte gefragt“, Chemnitz, 16.09.2020: https://kaleb.de/wp-content/uploads/2020/12/20-09-16-klare-worte.pdf
9: ebd.
10: Hans Harmsen, https://youngandfree-kaleb.de/hans-who/
11: siehe https://youngandfree-kaleb.de/die-vorgeschichte-zu-srgr-ii/
12: https://fipaz.files.wordpress.com/2015/11/bumerang-1-mutterschaft-im-patriarchat.pdf; S. 164: „It remains population control even if the term has been changed to ‘reproductive rights’.“ zitiert in https://youngandfree-kaleb.de/die-vorgeschichte-zu-srgr-ii/ Fn. 53
13: siehe https://youngandfree-kaleb.de/stichwort/sexuelle-und-reproduktive-gesundheit-und-rechte/
14: https://www.welt.de/kultur/article241810401/Erotikmesse-venus-Masturbationsmaschinen-mit-Doppelwumms.html
15: Siehe https://youngandfree-kaleb.de/paedophile-unter-falscher-flagge/
Bildnachweise: Titelbild: https://unsplash.com/photos/BoEZQIb9eT8?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditShareLink; geschickter_Mann_hält_sich_Mund_zu: https://unsplash.com/photos/o72kVqUV-94?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditShareLink; Erste_Hilfe_Kurs Licensed under the Unsplash+ License: https://unsplash.com/photos/UVDhePYNs1k; Frau_Finger_PSSST: https://unsplash.com/photos/BcjdbyKWquw?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditShareLink
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