„Es geht nicht an, das Leben – und damit die Personalität – dieses neuen Menschen erst beginnen zu lassen, wenn ein gewisser Grad der Unabhängigkeit vom Leben der Mutter erreicht ist,
also z.B. erst mit der Nidation, weil, wie man sagt, erst von da an eine eigenständige Entwicklung möglich ist. Das letzte stimmt zwar, aber was sich da eigenständig entwickelt, existiert bereits, ehe es seinen angemessenen Platz im Mutterleib gefunden hat. Und im Übrigen entwickelt es sich natürlich auch dann nicht ‚eigenständig‘, sondern bedarf ständig der Transferleistungen des mütterlichen Organismus. Aber dieser bedarf es auch noch nach der Geburt. Wenn ‚Eigenständigkeit‘ bedeutet: Unabhängigkeit von der Hilfe anderer, dann erreicht das Kind diese Eigenständigkeit erst viele Jahre nach seiner Geburt. Ja vollständige Unabhängigkeit erlangen wir nie. Die menschliche Existenz ist immer von einem gewissen Grad der Solidarität abhängig.“
Robert Spaemann in Biopolitik (Hg. Manfred Spieker),
S. 46f. 2009, 1. Auflage, Ferdinand Schöningh.
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