Abtreibung? Völlig legal! Pädophilie? Faktisch einvernehmlich, wenn auch nicht im rechtlichen Sinne! Am 8. März, dem internationalen Frauentag, haben die Internationalen Juristenkommission (ICJ) zusammen mit UNAIDS und dem Amt des Hohen Kommissars für Menschenrechte (OHCHR) offiziell eine Reihe neuer juristischer Expertengrundsätze vorgestellt, die die Anwendung der internationalen Menschenrechtsnormen im Strafrecht leiten sollen.
Unsere Kollegen vom Life Issues Institute haben uns hier auf dieses Dokument, dass es ganz schön in sich hat, aufmerksam gemacht. Im Vorwort der „8 March Principles“ (dt. Prinzipien des 8. März) schreibt Edwin Cameron (Richter im Ruhestand, Verfassungsgericht von Südafrika
Inspektionsrichter, Justizaufsichtsbehörde für den Strafvollzug) als „langjähriger Jurist und stolzer schwuler Mann“1, dass er sehr genau wisse „wie das Strafrecht signalisiert, welche Gruppen als schützenswert gelten – und welche als Verurteilung und Ächtung erfahren. Auf diese Weise erfüllt das Strafrecht eine expressive Funktion – und es hat dramatische Folgen für das Leben der Menschen. Es führt manchmal zu
diskriminierende Auswirkungen auf Gruppen, die mit dem missbilligten oder stigmatisierten Verhalten identifiziert werden. Hinzu kommt, dass strafrechtliche Verbote strukturelle Ungleichheiten verstärken können; sie können Diskriminierung kodifizieren, sie mit der Macht des Gesetzes ausstatten und die Stigmatisierung fördern. Alle all dies kann großen Schaden anrichten. Das Strafrecht kann somit Feindseligkeit, Ausgrenzung, Ungleichheit, Diskriminierung und Marginalisierung von Einzelpersonen und Gruppen fördern, manchmal bis hin zur Gewalt. Darunter leiden die Menschenrechte, die demokratischen Werte und die soziale Eingliederung.“2 Die Logik allein führt schon in den tiefsten Abgrund.
Der Herr Cameron schreibt weiter, dass sich seit einigen Jahren verschiedenste Gerichte, Richter, Kommissare, nationale Menschenrechtsinstitutionen sowie die Zivilgesellschaft sich mit dem Problem von schädlichen Menschenrechtsauswirkungen beschäftigt hätten, das durch die Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Strafgesetzen in Bezug auf Sexualität, Fortpflanzung, HIV, Drogenkonsum, Obdachlosigkeit und Armut hervorgerufen würde. Als ob es nur an den jeweiligen Gesetzen läge, aber naja.
Die gemeinsam erarbeiteten „Grundsätze sollen für ein möglichst breites Spektrum von Interessengruppen von praktischem Nutzen sein. Aus meinen eigenen Erfahrungen, in meinem Leben und in meiner Arbeit [schreibt Cameron], weiß ich, dass sie für kritische Kreise von unmittelbarer Bedeutung sein werden. Hier schließe ich die Richter ein, die insbesondere die entscheidende Verantwortung für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit bei gleichzeitiger Wahrung der Menschenrechte und Nicht-Diskriminierungs-Garantien.“3
Wir werden jetzt nicht auf alles eingehen. Abtreibung und Pädophilie sollen jedoch im folgenden kurz im Fokus stehen. Das Dokument wird hoffentlich bald auf Deutsch zu finden sein. Da steckt so viel Sprengstoff drin. Wer sich die Mühe machen und es übersetzen will, den möchten wir vor diesem Abgrund, in den er blicken wird, warnen.
„Grundsatz 15 – Abtreibung“4
[Wir zitieren hier und im Folgenden den ganzen Absatz und fassen ihn unten kurz zusammen.]
„Niemand kann für den Verlust einer Schwangerschaft strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, auch nicht für einen Schwangerschaftsverlust infolge eines gynäkologischen Notfalls wie einer Fehl- oder Totgeburt, oder für den Versuch oder die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs oder für andere Entscheidungen die deren Schwangerschaft oder Geburt betreffen.
Das Strafrecht darf den Schwangerschaftsabbruch nicht verbieten. Der Schwangerschaftsabbruch muss vollständig aus dem Anwendungsbereich des Strafrechts herausgenommen werden. Dies gilt auch für die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs, die Beihilfe, die Unterstützung bei einem Schwangerschaftsabbruch, die Bereitstellung von Medikamenten oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Schwangerschaftsabbruch oder die Bereitstellung von evidenzbasierten Informationen zum Schwangerschaftsabbruch.
Kein anderer Straftatbestand wie Mord, Totschlag oder eine Form der fahrlässigen Tötung darf die Vornahme, Beihilfe, Unterstützung oder Bereitstellung eines Schwangerschaftsabbruchs oder von abtreibungsrelevanten Medikamenten oder Dienstleistungen oder die Bereitstellung evidenzbasierter abtreibungsrelevanter Informationen unter Strafe stellen oder darauf [gem. ist der Schwangerschaftsabbruch] angewendet werden.“5
Kurz und knapp:
Hier wird der unbeabsichtigte Verlust einer Schwangerschaft (z.B. Fehl- oder Totgeburt) mit dem beabsichtigen Verlust (Abtreibung) gleichgesetzt! Es wird (am Beispiel Deutschlands) die vollständige Streichung des §218 gefordert. Abtreibung darf nicht mehr in Zusammenhang mit Straftatsbeständen wie Mord, Totschlag oder fahrlässiger Tötung gebracht werden.
Wer dies dennoch tut und auf einem Schutzkonzept für den Embryo beharrt, der begeht dann in Zukunft wohl Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen?
„Grundsatz 16 – Einvernehmliche sexuelle Handlungen“6
„Einvernehmliche sexuelle Handlungen dürfen unabhängig von der Art der sexuellen Aktivität, dem Geschlecht, der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität oder dem Geschlechtsausdruck der beteiligten Personen oder ihrem Familienstand unter keinen Umständen kriminalisiert werden. Einvernehmliche gleichgeschlechtliche wie auch einvernehmliche verschiedengeschlechtliche sexuelle Beziehungen oder einvernehmliche sexuelle Beziehungen mit oder zwischen transidenten, nicht-binären und anderen geschlechtlich heterogenen Menschen oder außerhalb der Ehe – ob vorehelich oder außerehelich – dürfen daher niemals kriminalisiert werden.
Was die Durchsetzung des Strafrechts betrifft, so muss jedes vorgeschriebene Mindestalter für die Zustimmung zum Geschlechtsverkehr auf nicht diskriminierende Weise angewandt werden. Die Durchsetzung darf nicht an das Geschlecht der Beteiligten oder das Ehemündigkeitalter [in Deutschland 18 Jahre7] geknüpft sein.
Darüber hinaus können sexuelle Handlungen, an denen Personen beteiligt sind, die das im Inland vorgeschriebene Mindestalter für die Zustimmung zum Geschlechtsverkehr [in Deutschland das 14. Lebensjar] noch nicht erreicht haben, faktisch einvernehmlich sein, wenn auch nicht im rechtlichen Sinne.
In diesem Zusammenhang sollte die Durchsetzung des Strafrechts die Rechte und die Fähigkeit von Personen unter 18 Jahren widerspiegeln, Entscheidungen über einvernehmliche sexuelle Handlungen zu treffen, sowie ihr Recht, in sie betreffenden Angelegenheiten gehört zu werden. In Anbetracht ihrer sich entwickelnden Fähigkeiten und ihrer fortschreitenden Autonomie sollten Personen unter 18 Jahren an sie betreffenden Entscheidungen beteiligt werden, wobei ihr Alter, ihre Reife und ihr bestes Interesse gebührend zu berücksichtigen sind und den Garantien der Nichtdiskriminierung besondere Beachtung geschenkt werden sollte.“8
Kurz und knapp:
Der Text sagt, dass einige Jugendliche in der Lage sein können, in einen Geschlechtsverkehr einzuwilligen, obwohl sie noch nicht das gesetzliche Mindestalter erreicht haben. Die Pädophilen reiben sich schon die Hände und hissen ihre Flagge.
Unseren Freunde von C-Fam haben ebenfalls über dieses Dokument berichtet und schreiben: „Die wiederholte Verwendung der Formulierung ‚faktisch, wenn auch nicht im rechtlichlichen Sinne‘ soll eindeutig dafür plädieren, dass Gesetze, die Sex mit Minderjährigen verbieten, milder gehandhabt werden – wenn auch nur in bestimmten Fällen, in denen argumentiert werden könnte, dass der Minderjährige aufgrund seiner „sich entwickelnden Fähigkeiten“ tatsächlich, wenn auch nicht rechtlich, in der Lage ist, seine Zustimmung zu geben.“9
Wie wichtig ist das Dokument?
Das Dokument ist kein offizielles der UN. Es hat „kein rechtliches Gewicht, da es sich um eine Reihe von Empfehlungen handelt, die von einer NGO veröffentlicht wurden, die nicht befugt ist, sie durchzusetzen. Die Befürwortung durch eine Reihe prominenter Juristen verleiht ihm jedoch eine gewisse Glaubwürdigkeit, und die hochrangige Auftaktveranstaltung, an der mehrere UN-Organisationen teilnahmen, erhöht seine Bedeutung ebenfalls.“10
Und es zeigt in welche Richtung es geht und was unter dem Deckmantel der „Wahrung der Rechtsstaatlichkeit bei gleichzeitiger Wahrung der Menschenrechte und Nicht-Diskriminierungs-Garantien“ unters Volk gebracht werden soll. Es werden immer mehr vermeintliche „Freiheiten“ gewährt und die kritischen Stimmen im Namen der selbigen immer mehr verboten.
Am Ende geht es doch nur um unsere Zustimmung. Egal zu was. Hauptsache. Wer nicht zustimmt oder vorher in die Wahlkabine geht, um seine Entscheidung geheim zu treffen oder sie nochmal zu überdenken, steht per se schon unter dem Verdacht andere zu diskriminieren. „Stimm jetzt endlich zu, du Arschloch!“ Und wir dachten Demokratie ging anders. Aber vielleicht hat die Partei ja wirklich immer Recht.
Um den Täter einer Straftat nicht der gesellschaftlichen Missgunst auszusetzen, schafft man das betreffende Strafgesetz gleich ganz ab? Warum? Weil Gesetze vielleicht doch mehr als nur bloßer Text sind? Weil ein §219a vielleicht doch etwas mit Schutzkonzept des Embryo zu tun gehabt hätte? Wir folgen einem sehr rutschigen Pfad. Das war uns bei Judith Butler schon aufgefallen. Einer ihrer Hauptthesen war u.a., dass es aufbauend auf Nietzsche, keinen Täter hinter der Tat gebe. Das Strafgesetz jedoch sucht, fordert, verurteilt und bestraft so einen Täter. Da der sich aber in seiner Handlung bzw. Identität diskriminiert fühlen könnte, soll es wegfliegen? Wo kein Kläger, da kein Täter! Und wo kein Täter, da keine schlimme Tat! So war das doch, oder?
Man darf im Schatten des Diskriminierungsverbots scheinbar alles, sogar andere diskriminieren und ihnen Schaden zu fügen.
Quellen zuletzt aufgerufen am 25.05.2023:
1: The 8 March Principles for a Human Rights-Based Approach to Criminal Law Proscribing Conduct Associated with Sex, Reproduction, Drug Use, HIV, Homelessness and Poverty, https://icj2.wpenginepowered.com/wp-content/uploads/2023/03/8-MARCH-Principles-FINAL-printer-version-1-MARCH-2023.pdf, S. 5 von 32, übersetzt mit DeepL.com. Da erster Link nicht mehr funktioniert: https://share-netinternational.org/wp-content/uploads/2023/03/8-MARCH-Principles-FINAL-printer-version-1-MARCH-2023.pdf
2: ebd.
3: ebd., S. 6 von 32, übersetzt mit DeepL.com.
4: ebd., S. 26 von 32.
5: ebd. übersetzt mit DeepL.com.
6: ebd.
7: https://de.wikipedia.org/wiki/Schutzalter
8: he 8 March Principles for a Human Rights-Based Approach to Criminal Law Proscribing Conduct Associated with Sex, Reproduction, Drug Use, HIV, Homelessness and Poverty, https://share-netinternational.org/wp-content/uploads/2023/03/8-MARCH-Principles-FINAL-printer-version-1-MARCH-2023.pdf, S. 26 von 32f., übersetzt mit DeepL.com.
9: Checking the facts about the March 8 Principles by the International Commission of Jurists (ICJ), By Rebecca Oas, Ph.D., April 20, 2023, https://c-fam.org/turtle_bay/checking-the-facts-about-the-march-8-principles-by-the-international-commission-of-jurists-icj/, übersetzt mit DeepL.com.
10: ebd.
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Sebastian Meichßner
Die Logik von Grundsatz 15 eine Abtreibung mit Fehl- und Togeburten gleichzusetzen ist schon sehr skurril. Keine Frau entscheidet sich freiwillig für eine Fehl- oder Totgeburt. Nach dieser Logik wäre das aber so. Denn die Entscheidungsfreiheit ist ein hohes Gut. „My Choice!“ Oder aber man spricht mit dieser Logik den Frauen jegliche Entscheidungsfreiheit in puncto Abtreibung ab. Dann wäre Abtreibung etwas, das einem tragischerweise einfach passiert, so wie eben manchmal Fehl- oder Totgeburten. Wie dem auch sei, diese Gleichsetzung von unbeabsichtigem Geschehen, das einem widerfährt und beabsichtigen Geschehen, dass man herbei führen will sollte eigentlich niemals auf andere Bereich Anwendung finden. Denn können wir das Strafrecht völlig sein lassen. „Der Mann ist eines natürlichen Todes gestorben. Ja, ok es ist mein Messer in seinem Rücken. Aber durch das Messer ist er natürlich verblutet und den Erkenntnissen der Medizin entsprechend verstorben. Mich trifft dabei keine Schuld.“ …Aber das Beispiel dürfte ich laut den. 8 March Principles gar nicht mehr bringen. Nun denn: Wäre die Logik nicht auch was für die Sterbehilfe?